Geschlechterrollen und Gleichberechtigung

20. Juni 2009

Rollenverteilung und Gleichberechtigung mache ich immer wieder Mal zum Thema in meinen Kursen. Jeder hat dazu eine Meinung, es eignet sich für interkulturelle  Vergleiche und gerade die Schweiz bietet mit ihrer Geschichte ein paar interessante Diskussionsaufhänger. Im Folgenden habe ich euch ein paar Materialien zusammengestellt und kommentiert.

Frauenstimmrecht
Wann das Frauenstimmrecht in verschiedenen Ländern eingeführt wurde und warum es in der Schweiz bis 1971 gedauert hat, habe ich mal in einem Audiobeitrag auf Audiolingua erklärt:
[audio:http://www.audio-lingua.eu/IMG/mp3/frauenstimmrecht.mp3]

Mehr Informationen findet man im excellenten Wikipediaartikel zum Frauenstimmrecht in der Schweiz.

Wichtig zu wissen ist auch, dass es keineswegs nur die Männer waren, die gegen das Frauenstimmrecht waren. Auch Frauen zählten zu den Gegnern. Da 1971 aber 66% der Männer dafür stimmten, bekamen die Frauen das Stimmrecht auf eidgenössischer Ebene und in vielen Kantonen auch auf Kantons- und Gemeindeebene. Eine Ausnahme war zum Beispiel der Kanton Appenzell Innerrhoden. Noch 1990 lehnten die Männer die Einführung des Frauenstimmrechtes ab. Im folgenden Video sieht man diese Landsgemeinde.

Der Bärtige, der nach dem Regierungsvertreter im Film gezeigt wird, sagt auf Hochdeutsch folgendes: „Ich muss jetzt kurz sagen wie es ist, wie ich es sehe, unsere Innerrohder Frauen wollen überhaupt das Frauenstimmrecht gar nicht und dann die paar Frauen, diese Fünf-vor-Zwölf Frauen, die dem Mann erst kochen, fünf Minuten bevor er kommt, brauchen wir auch nicht in der Regierung. Ich habe geschlossen.“

Die Abstimmungsfrage und das Ergebnis brauchte ich wohl nicht zu übersetzen, aber der Vollständigkeit halber: „Wer dem Landsgemeindebeschluss nicht zustimmen will, der bezeuge es mit der Hand. – Das Frauenstimmrecht ist abgelehnt.“

Noch dieser Landsgemende reichte eine Frau Beschwerde beim Bundesgericht ein und schliesslich wurde das Frauenstimmrecht in AI auf Bundesgereichtsbeschluss eingeführt.

Im Dossier „Demokratie“ findet man den Beitrag Weniger Wählerinnen (etwa in der Mitte der Seite) aus dem Jahr 2007. Es geht darin darum, dass die Zahlen weiblicher Wähler rückläufig sind und um die verschiedenen Strategien mit denen die Parteien wieder mehr Frauen an die Urne holen wollen.

Gleichberechtigung im Alltag
In der Sendung „leben live“ wurde ein Rückblick auf die Rolle der Frauen im Jahr 68 gemacht (im Dossier 68-er Lebensstil, 1. Beitrag mit dem Titel „Frauen 1968“). Die Anmoderation ist auf Schweizerdeutsch, ab 0.25 folgt dann der hochdeutsche Kommentar, der nur noch von einigen kurzen Dialektsequenzen utnerbrochen wird, die ich euch im folgenden Wiedergebe. Der Dialog von Fernesehmoderator Mäni Weber mit seiner Assistentin liest sich auf Hochdeutsch etwa so:

  • MW: ein Bleistift, Vreni
  • V gibt ihm den Bleistift
  • MW: Es geht zu wie im Operationssaal
  • MW: Vreni, Sie wollen aber nicht etwa Mal reden
  • V: Doch, doch ich will mal reden
  • MW: Frauen – kaum sind sie mal eine Zeit lang am Bildschirm wollen sie auch schon reden.

1968 war das Frauenstimmrecht erst in einigen Kantonen eingeführt, aber natürlich muss es negative Folgen gehabt haben. So äussert sich … „Vielleicht muss man sagen, dass das Frauenstimmrecht die bestehende Tendenz die heute allgemein beteht, nämlich die Auflockerung der Parteidisziplin, versterckt hat. “ Wie gesagt, 3 Jahre später wurde es trotzdem auf Bundesebene und fast überall auch Kantonal eingeführt. Im selben Film kommt auch ein Interview mit einer jungen Frau vor, die als erste Studentin in Biel ans Tech ging. Sie sagt: „Sie wollten einfach keine nehmen – Mädchen. Sie haben gesagt, das sei ein Herrenberuf.“ Auf die Frage des Interviewers, wie das Gefühl sei, das einzige Mädchen in einer Klasse voller Jungen zu sein und ob sie viel umworben werde, antwortet sie „Ja, eigentlich ganz lustig. […] Jetzt sind sie es sich langsam gewöhnt, dass ich da bin. Am Anfang waren sie ein bisschen überrascht.“

Ein Jahr nach Einführung des Frauenstimmrechts wurde dieser Beitrag zu Frauen in „Männerberufen“ ausgestrahlt, um zu illustrieren, dass die Emanzipation bereits weiter sei, als die späte Einfürhung des Frauenstimmrechtes vermuten liesse:

Im Dossier Berufswahl findet man den Beitrag „Immer mehr Studierende sind Studentinnen“ aus dem Jahr 2006 (ziemlich weit unten). Darin erfährt man viel über interessante Zahlen zum Bildungssystem und es geht auch um die Gründe für die Studienwahl von jungen Frauen und Männern. Die unten wiedergegebenen Äusserungen finde ich sehr interessant.

  • Studentin 1: Also ein Studium, das einem eine gute Basis gibt für später und ich wollte mich noch nicht festlegen, was ich später werden will.
  • Studentin 2: Also Verdienen natürlich, da würde man lügen, wenn man sagen würde Nein. Ich finde es auch wichtig, dass man es gut mit der Familie kombinieren kann, vor allem als Frau.
  • Student: Hauptsache, ich kann meine Frau und meine Kinder ernähren. Darauf kommt es an.
  • Studentin 3: In 10 Jahren würde ich eigentlich gerne eine Familie gründen, aber ich weiss halt noch nicht wie weit ich dann beruflich bin und darum ist halt auch der Grund Leher, damit man teilzeit arbeiten könnte, weil eine Familie ist für mich etwas sehr Wichtiges.

In der Arbeits- und Bildungswelt hat sich seit der Einführung des Frauenstimmrechtes viel verändert. In wie weit der Anspruch „Gleiche Rechte und Pflichten“ im Haushalt umgesetzt wird, kann man im NZZ-Folio nachlesen. Einen Vergleich für Holland, Belgien, Deutschland und die Schweiz findet man hier: http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-5731-2006-12-01.html

So, damit lasse ich es für heute bewenden, obwohl es sicher nicht schaden könnte, noch einiges Material aus der Männerperspektive zu sammeln.

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SPRACHLICH: Dies, DaF, ecetera. Für Lernende (Aussprache, Grammatik, Hörverstehen und mehr) und Lehrende.
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