Wortschatzkarten für Fortgeschrittene

24. Dezember 2006

Der Wortschatz spielt eine sehr grosse Rolle beim Sprachenlernen und es lohnt sich, Zeit dafür zu investieren. Je besser man eine Sprache kann, desto weniger geht es darum, einzelne Wörter zu lernen und um so mehr darum, Wörter zu vernetzen und zu lernen, wie man Wörter braucht. Das macht beim Produzieren (Sprechen und Schreiben) flexibler und es gibt auch mehr Sicherheit.

Ein Weg, wie man das tun kann, sind Wortschatzkarten. Für Fortgeschrittene reichen die kleinen Karteikärtchen nicht mehr. Ich empfehle euch deshalb A6-Karten. Sie sind gross genug, um auch Wortfamilien, Komposita und grammatische Informationen aufzunehmen.

Wie solche Karten aussehen könnten, habe ich für einen Kurs an zwei Beispielen illustiert:

Das sind wie gesagt zwei Beispiele, aber die Karten können auch ganz anders aussehen. Man könnte auch noch weitere Informationen (z.B. die Aussprache) ergänzen, und andere weglassen. Wichtig ist, dass man später evtl. ergänzen kann und dass die Struktur der Karten den Benützern klar ist.

Informationen, die auf solchen Karten sinnvoll sind:

  • grammatische Informationen für Nomen: Artikel (oder Genus), Genitiv und Plural
  • grammatische Informationen für Verben: Angaben zur Rektion (mit Dativ, Akkusativ oder Präposition + Fall), zur Konjugation (am besten die 3. Pers. Singular Präsens, Präteritum und Perfekt. Damit kann man alle möglichen Formen bilden). Ich finde es sinnvoll, diese so genannten Stammformen bei allen Verben (auch bei den regelmässigen anzugeben, weil diese Formen so geläufiger bilden. Viele Lernende wollen regelmässige Formen auch mit -en bilden (also z.B. gelachen statt gelacht). Vermutlich ist das so, weil sie sehr viel mehr unregelmässige als regelmässige Formen gelernt haben).
  • grammatische Informationen für Adjektive: Komparativ und Superlativ.
  • Aussprache: Immer die phonetischen Schriftzeichen anzugeben ist ein bisschen zu viel des Guten, unter anderem auch, weil die Aussprache des Deutschen fast immer aus der Schreibweise abgleitet werden kann. Sinnvoll ist es, den betonten Vokal zu markieren. Für lange Vokale und Diphonge nimmt man am besten einen Strich, für kurze Vokale einen Punkt. Das Wort Liebe (mit langem i) schreibt man dann also so: Liebe.
  • Beispielsatz
  • Synonyme, Antonyme
  • häufige Wendungen: das müssen nicht gleich Sprichwörter sein. Auch Redewendungen oder nur häufige Ausdrücke wie zum Beispiel „hohe Temperaturen“ zum Wort Temperatur können dazu gehören
  • Zusammengesezte Wörter: Das Wort der Wortkarte kann dabei das Grundwort (Gemüsesuppe) oder das Bestimmungswort (Suppengemüse) sein.
  • Wörter aus der selben Wortfamilie (z.B. fahren, fahrbar, der Fahrer, das Fahrzeug etc.

Das Erstellen solcher Karten braucht ziemlich viel Zeit, aber sie sind schon ein wesentlicher Teil des Lernprozesses, und deshalb lohnt sich der Zeitaufwand.
Am besten arbeitet ihr mit einem Deutsch-als-Fremdsprache-Wörterbuch. Darin stehen die Informationen die ihr braucht. Ihr findet deutsche Erklärungen, in der Regel alle grammatischen Infos die ihr benötigt (Artikel, Angaben zur Rektion, Hilfsverben etc.) und in grösseren auch zusammengesetzte und abgeleitete Wörter. Wer kein solches Wörterbuch besitzt, kann sich die Informationen aber auch aus mehreren online-verfügbaren Wörterbüchern zusammensuchen.

Wie wählt man aber jetzt die Wörter aus? Wichtig ist auf jeden Fall, dass ihr nicht einfach alles wahllos aufschreibt, was ihr findet. Das ist viel zu viel! Ich fange in der Regel so an, dass ich alles aufschreibe, was mir zu einem Wort in den Sinn kommt. Diese Informationen überprüfe ich dann mit dem Wörterbuch. Dabei sehe ich auch Wörter, die mir zwar bekannt vorkommen, die ich aber nicht wirklich kann. Diese Wörter schreibe ich dazu. Sie sind ideal zum lernen, weil nicht komplett neu sind. Dann überlege ich mir noch, was ich sagen können möchte oder mich interessiert, aber nicht weiss. Zwei oder drei Wörter aus dieser Kategorie schlage ich gezielt nach. Den Rest (und es gibt immer einen Rest!) lasse ich sein. Ich kann immer noch Wörter ergänzen, wenn ich später mal über ein passendes Wort stolpere. Aber deshalb ist es eben wichtig, dass ihr nicht mit zu kleinen Karten beginnt.

Bei den grammatischen Informationen ist es sinnvoll, dass man sie systematisch aufführt. Ich schreibe bei Verben immer die Stammformen hin, bei Nomen immer das Genus und den Plural etc… Aber auch hier kann man auswählen. Das Präteritum kann man immer noch später ergänzen und auch den Genitiv kann man erst dann hinschreiben, wenn man ihn braucht.

Ideal ist es, wenn jemand mit sehr guten Deutschkenntnissen die Karten gegenliest. Das kann der Lehrer sein (falls er selbst die Karten in Auftrag gegeben hat) oder zum Beispiel ein Tandempartner.

In einer Klasse kann es interessant sein, die Karten zu vervielfältigen und allen zur Verfügung zu stellen.

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (1 Stimmen, durchschnittlich: 5,00 von 5)
Loading...

Abgelegt unter: Für Lehrende,Für Lernende,Wortschatz

2 Kommentare

  • 1. Uta  |  25. Dezember 2006 um 22:43

    Vielen Dank für diese lesenswerten Seiten mit so vielen schönen Anregungen. Frohe Weihnachten wünsche ich! Und ein gutes und gesundes !!!! neues Jahr mit hoffentlich viel Zeit zum bloggen! (Tut mir leid, ein sehr eigennütziger Wunsch… 😉 )

  • 2. Deutsch lernen und studie&hellip  |  17. Mai 2007 um 06:03

    […] Wortschatzkarten für Fortgeschrittene Keine Tags vergeben […]


Linktipp

SPRACHLICH: Dies, DaF, ecetera. Für Lernende (Aussprache, Grammatik, Hörverstehen und mehr) und Lehrende.
Dezember 2006
M D M D F S S
 123
45678910
11121314151617
18192021222324
25262728293031