Gemeinsam Schreiben

13. April 2006

Beim Schreiben sind zwei verschiedene Dinge wichtig. Einerseits das Endprodukt, das heisst der fertige Text, und andererseits der Schreibprozess. Die wenigsten Texte fliessen einfach so auf’s Blatt. Den meisten Texten geht vorher eine Planungsphase voraus – écriture automatique und ähnliche Formen einmal ausgenommen – und sei es auch nur im Kopf. Ein weiterer wichtiger Schritt beim Schreiben ist das Umstellen, neu ordnen und anpassen. In vielen Fällen leisten Schreibende diese Arbeit allein, Hilfe nehmen sie vor allem in der Endphase des Schreibens in Anspruch. Eine andere Person liest den Text, korrigiert und kommentiert, sei es im handschriftlichen Original, auf einem Ausdruck oder in einer Datei. Je nach dem, wie eng die Zusammenarbeit ist und wie viele Besprechungs- oder Korrekturschritte erforderlich sind, kann der Papier- oder Dateiaustausch ziemlich rege werden und viel Zeit beanspruchen. Und wer weiss schon immer ganz genau, in welcher Datei sich die aktuellste Version befindet? Von Konvertierungsproblemen zwischen verschiedenen Betriebssystemen und Textverarbeitungsprogrammen wollen wir jetzt gar nicht erst anfangen.
Es gibt einige neuere Webapplikationen, die das gemeinsame Schreiben von Texten erleichtern. Die Anwendungsmöglichkeiten beschränken sich natürlich nicht auf Korrekturen. Man kann einen Text auch von Beginn an gemeinsam schreiben, einzelne Passagen hinzufügen, ändern, kommentieren etc. Das alles kann man natürlich auch in einem normalen Textverarbeitungsprogramm wie zum Beispiel OpenOffice machen. Der wesentlichste Unterschied besteht darin, dass auf dem eigenen Rechner kein Textverarbeitungsprogramm installiert sein muss.

Beispiele für solche Textverarbeitungsprogramme sind Writely, Webcollaborator und Writeboard.

Das Textverarbeitungsprogramm läuft im Webbrowser. Das macht diese Anwendungen Plattform unabhängig. Wenn auf einem Rechner ein neuerer Browser wie zum Beispiel Firefox installiert ist und ein Internetzugang besteht, kann man das Programm auch nutzen. Gleich anschliessend findet ihr eine kurze Übersicht darüber, was solche Programme können.

  • Bei allen drei vorgestellten Programmen werden die Daten auf einem Server gespeichert. Die neueste Version ist also immer allen Mitschreibenden zugänglich und es ist auch immer klar, welche Version die neuste ist…
  • Man kann entweder alleine arbeiten, oder andere Leute per E-Mailadresse zur Mitarbeit einladen.
  • Alle drei Programme haben auch eine Versionenkontrolle, so wie ihr das Vielleicht von Wikipedia her kennt. Die Entstehungsschritte sind also nachvollziehbar. Man kann alte Versionen anschauen und verschiedene Versionen miteinander vergleichen lassen. So kann man sehen, wer was geändert, hinzugefügt oder gelöscht hat.
  • Die Daten lassen sich in verschiedenen Formaten exportieren und ausser bei Writeboard kann man auch bestehende Dateien hochladen und an ihnen weiterarbeiten.

Soweit die Gemeinsamkeiten. Jetzt zu den Eigenheiten. Dazu stelle ich jede Anwendung einzeln vor. Vorausschicken muss ich, dass ich Writely am besten kenne und am besten finde. Ob ich es am meisten benutze, weil es das Beste ist, oder ob ich es am besten finde, weil ich es am besten kenne ist für mich nicht mehr eindeutig feststellbar. Probiert die Programme also am am besten selber aus.
An Writely gefällt mir besonders, dass es viele Formate unterstützt, unter anderem auch das neue open document format (odt) von Openoffice. Die Dokumente kann man nach verschiednen Kriterien ordnen, zum Beispiel mit Tags.
Dokumente kann man nicht nur per Interface raufladen, sondern auch per E-Mail schicken. Entweder als Text im Mailkörper oder als Attachments. Dokumente kann man auf zwei Arten teilen. Entweder zum Mitschreiben oder nur zum Mitlesen.
Im Tab „Revisions“ kann man verschiedene Versionen miteinander vergleichen. Die Änderungen kann man auch als RSS-Feed abonieren. Kommentare werden in Farbe in den Text eingefügt. Sie sind für alle Editierenden sichtbar. Writely hat keine Probleme damit, wenn zwei Leute gleichzeitig dasselbe Dokument bearbeiten.
Wenn man ein Dokument publiziert – das heisst zum mitlesen freigibt – kann man das entweder für ausgewählte Leute tun, deren E-Mail-Adresse man angibt, oder man gibt das Dokument einfach frei, so dass jeder, der die URL des Dokuments kennt, es auch lesen kann.
Der grosse Nachteil von Writely ist, dass man sich nicht sofort registrieren kann. Zuerst kommt man auf eine Warteliste. Bei mir ist es dann zwar sehr schnell gegangen, aber ich weiss nicht, wie die Situation heute aussieht. Um mit Writely zu arbeiten, braucht man aber nicht unbedingt einen eigenen Account. Wenn man zum Mitarbeiten an einem Dokument eingeladen wird, erhält man ein Passwort für dieses Dokument. Eigene Dokumente eröffnen kann man allerdings nicht. Die Anzahl Mitarbeiter pro Dokument ist beschränkt, aber 50 Leute sind ja schon ziemlich viel.
Mehr Informationen gibt es in der FAQ von Writely.

Das Besondere an Writeboard ist, dass man sich nicht anmelden muss. Beim Eröffnen eines Dokuments gibt man einfach die E-Mail-Adresse an, setzt ein Passwort und los gehts. Den Link, unter dem das Writeboard gespeichert ist, sollte man sich bookmarken (oder in ein Textfile auf der Festplatte kopieren). Der Link wird nämlich nicht automatisch an die E-Mail-Adresse des Writeboardeigentümers geschickt. Wenn man das vergisst, ist das aber nicht tragisch. Wenn man seine Writeboards nicht mehr findet, kann man auf http://123.writeboard.com/find seine E-Mail-Adresse angeben, die Adressen aller Writeboards werden dann – inklusive Passwort – an die E-Mail-Adresse geschickt.
Writeboard ist eher ein Notizblock als ein Textverarbeitungsprogramm. Es verzichtet auf unnötige Extras. Die Formatierungsmöglichkeiten beinhalten fett, kursiv, Listen, Einrückungen und eine Markierung für Titel. Tabellen fehlen, auch Bilder kann man nicht raufladen.
Die Exportmöglichkeiten sind ebenfalls eingeschränkt. Man kann sich den Text als E-Mail schicken lassen oder txt- oder html-Files abspeichern. Man kann (noch?) keine Dateien zum Weiterbearbeiten hochladen. Wenn man nicht bei Null beginnen will, kann man aber natürlich mit copy und paste Text ins Writeboard kopieren. Mit gleichzeitigem Editieren kommt Writeboard noch nicht besonders gut zu Rande. Immerhin wird man gewarnt, dass das Dokument gerade bearbeitet werde.

Webcollaborator stellt für jedes Dokument eine Diskussionsseite zur Verfügung. Kommentare, die den Text als ganzes betreffen, müssen also nicht in den Text hineingepackt werden, wie bei Writely, sondern lassen sich sauber trennen. Das gefällt mir sehr. Leider ist das Managment gleichzeitig schreibender Nutzer nicht so glücklich gelöst wie in Writely. Beim gleichzeitigen Schreiben sind mir auch schon Wörter abhanden gekommen … Mit den Umlautbuchstaben bekundet das System auch einige Mühe. Wie es mit dem Eszett aussieht weiss ich nicht, da ich dieses Zeichen ja auch selbst nie benutze.
Als Exportformate stellt Webcollaborator PDF und RTF zur Verfügung.

So, ich wünsche allen viel Spass beim Schreiben und Ausprobieren.

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2 Kommentare

  • 1. monarch  |  3. Juni 2006 um 14:39

    Danke für die Hinweise. Writely scheint von der Übernahme durch Google absorbiert und nimmt keine neuen User auf, Onlinecollaboration scheint über den digitalen Jordan gegangen zu sein.
    Writeboard überzeugt dafür mit einfacher und stabiler Technik. Das einzige Problem sehe ich bei den kryptischen URLs, die man sich nicht so einfach merken kann – was unter Umständen den Vorteil des webbasierten Arbeitens an beliebigen Orten wieder zunichte machen könnte …

  • 2. DaF-Blog » Writely &hellip  |  24. August 2006 um 11:29

    […] Im Beitrag Gemeinsam Schreiben habe ich unter anderem Wirtely vorgestellt. Das Tool war gerade von Google übernommen worden und wer einen Account wollte, kam auf eine lange Warteliste. Die Umstellungsphase scheint jetzt vorbei zu sein und man bekommt wieder Accounts. […]


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