Digitale Zettelsyntax

4. Oktober 2009

Die relativ flexible deutsche Syntax schreit gewissermassen nach Elementen, die man herumschieben kann, um die Variationsmöglichkeiten in ihrer ganzen Breite erfahrbar zu machen. Das geht mit Zetteln, mit Folienschnipseln am Hellraumprojektor, mit einer  Wäscheleine, an die man grosse Karten hängt, oder auch mit menschlichen Statisten, die als Kartenhalter fungieren. All diese Verfahren sind aber mit mehr oder weniger Bastelarbeit verbunden.

Nik Peachey hat mit word magnets ein Tool vorgestellt, mit dem man sehr schnell „digitale Zettel“ produzieren kann, die man auf dem Bildschirm herumschieben kann. Hat man einen Beamer oder ein interaktives Whiteboard kann man sich also die Schnipselei sparen und auf Knopfdruck laufend neue Beispielsätze erstellen.

Funktionalität und Einsatzmöglichkeiten

Ein Text, den man in die Maske schreibt oder kopiert, wird automatisch in einzelne Wörter zerlegt. Bevor sie angezeigt werden, kann man noch einen Hintergrund wählen (das kann man für Syntaxübungen überspringen).

Die „Kärtchen“ kann man herumschieben, einfärben und löschen. Man kann auch neue  generieren. Mit dieser Funktion kann man auch mehrere Wörter auf ein Kärchten schreiben. Erst diese Funktion macht das Tool für mich so richtig interessant, weil man damit die Konstituenten, die für die Syntax im Deutschen wichtig sind, sichtbar machen kann.

Ein sinnvolles Vorgehen für die Erklärung eines Syntaktischen Phänomens wäre zum Beispiel:

  • Satz eingeben und Kärtchen erstellen lassen
  • Mit den Lernenden die Satzglieder ermitteln und als neue Kärtchen eingeben.
  • Anschliessend neue Sätze bilden und Lösungen besprechen.

Mit der Einfärbefunktion kann man zum Beispiel das Verb markieren, den Unterschied zwischen Akkusativ und Dativ oder verschiedene Konnektorentypen. Man kann natürlich auch Metakärtchen einführen, die man unter die Wortkärtchen schiebt.

Beispiel:

Beispiel für Einsatz von word magnet

Beispiel für Einsatz von word magnet

Weitere Ideen von Nik Peachey, die ich sinnvoll finde:

  • Lernende kopieren ein bis zwei Sätze in die Eingabemaske und versuchen den Satz zu rekonstruieren. Korrigieren können sie mit dem Original.
  • Einen Kurzdialog reinkopieren, den die Lernenden schon kennen, und ordnen lassen. Dann üben die Lernenden den Text, es werden aber immer mehr Wörter entfernt. Auf diese Weise lernen die Lernenden den Dialog nach und nach auswendig.  Als Abschluss der Übung können die fehlenden Wörter wieder ergänzt werden.
  • Fehlerhafte Sätze präsentieren und mit der ganzen Klasse korrigieren
  • Einen kurzen Satz mit weitern Wörtern ergänzen, die die Lernenden korrekt einbauen müssen.

Mit den Hintergründen, die man wählen kann, kann man auch Wortschatzübungen, Spielvorlagen zum Projizieren und Ähnliches machen.

Bild 14
Beispiel für Zuordnungsübung

Speichern kann man die Aktivitäten nicht (höchstens die Ergebnsisse als Screenshot). Sie sind aber schnell erstellt, und wenn man mit mehreren Fenstern oder Tabs arbeitet, kann man kurz vor dem Unterricht ein paar Übungen vorbereiten. Man kann eine Übung aber auch live mit den Lernenden erstellen (die z.B. Elemente zurufen). Eine einfache Grammatikrepetitionsübung könnte zum Beispiel so aussehen, dass alle Lernenden ein Substantiv nennen, dass ihnen spontan einfällt. Anschliessend sortiert man sie nach dem Artikel.

Mit Word Magnet kann man keine selbstkorrigierenden Übungen machen. Korrigieren (lassen) kann man die Aktivitäten entweder über Musterlösungen (evtl. auch Vorlagen der Lernenden) oder dann durch die Diskussion im Plenum.

Noch was Technisches: Mit Firefox auf Mac hatte ich einige Fokusprobleme und meinte zuerst, das Tool funktioniere nicht. Wenn ich so ein „Kärtchen“ zuerst anklicke und dannnochmals zu ziehen versuche, klappt es dann.

Lernerzentrierter Einsatz

Die obigen Ideen wurden hauptsächlich zur Durchführung mit der Klasse am Beamer oder Whiteboard vorgeschlagen. Sinnvoller fände ich, wenn die Lernenden mit Laptops oder im Computerraum selber damit arbeiten könnten. Die zu manipulierenden Sätze könnte man auf einer Webseite oder in einer Textdatei zur Verfügung stellen (Wortgruppen müssten sie allerdings selber eingeben). Alternativ können die Lernenden auch selber Sätze auswählen, die Lösung notieren und dann die Sätze anderer Lernender lösen.

Fazit:

Word magnet ist ein einfach zu bedienendes Tool, das einem einges an Schnippselarbeit abnehmen kann. Es ist dann ein sinnvoll, wenn man Texte manipulieren (lassen) will und das Ergebnis nicht für die Ewigkeit gedacht ist. Ich finde aber, dass man Übungen, die man sonst in Gruppen oder Partnerarbeit lösen lies, nicht unnötig nach vorne verlagern sollte. Das wäre dann – trotz neuer Technik – ein Rückschritt. Zur Visualisierung, als Manipulationswerkzeug für die Lernenden und zum Überprüfen im Plenum finde ich es aber sehr brauchbar.

Via Jürgen Wagner.

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8 Kommentare

  • 1. Eva  |  5. Oktober 2009 um 05:00

    Schön einfach und praktisch. Die Möglichkeit der Farbwahl je nach Wort oder Wortkombination finde ich sehr nützlich.

  • 2. Cornelia  |  5. Oktober 2009 um 06:25

    Hat mir eben auch sehr gefallen. WEnn das Tool jetz auch noch verschiedene Kärtchenformen hätte, wär’s noch toller, aber je mehr ein Tool kann, desto komplexer wird es halt meistens auch.

  • 3. Eva  |  6. Oktober 2009 um 05:06

    Ja. Es wäre auch gut, wenn man die Kärtchengröße variieren könnte, damit man unter einen Satz „konjugiertes Verb“, „trennbare Partikel“, etc. schreiben könnte.

  • 4. Ralf  |  6. Oktober 2009 um 21:31

    Ich habe es heute ausprobiert und bin begeistert. Eine Variante war, dass ich die Wörter weiter zerlegt habe. (Vorsilbe, Endung usw.) Auch Rätsel sind möglich: aus Buchstaben (zu einem Thema) passende Wörter finden.
    Die Idee, fehlerhafte Sätze zu präsentieren und durch die Schüler verbessern zu lassen, gefällt mir besonders. Hier finde ich den Einsatz eines interaktiven Whiteboards sinnvoll. Aber wer hat das schon?

  • 5. Cornelia  |  7. Oktober 2009 um 07:24

    Die Silben sind eine gute Idee.

    Beim meinen Klassengrössen (um die 20) habe ich bei IWBs halt immer das Gefühl, dass ich sie besser in Gruppen arbeiten liesse, als eine einzelne Person an die Tafel zu holen. Andererseits, wenn man die Lernenden etwas vorlösen lässt, was man sonst ohnehin selber gezeigt hätte, ist es dann vielleicht doch wieder sinnvoll.

  • 6. David  |  4. November 2009 um 14:19

    Hello,

    My name is David and I am the creator of the Word Magnet resource. Thank you for writing about it. I hope that many teachers find it useful.

    I have made many other interactive resources which may be useful too – you can view them on my website:

    http://www.triptico.co.uk

    Thank you again (and apologies for writing in English),

    David

  • 7. Cornelia  |  6. November 2009 um 10:35

    No problem, I do understand some English 😉

    However, if games like these could be saved and afterwards embedded they would be even more useful for teaching (and independent learning).
    But I understand of course that this is something quite different from what you do today. Thanks anyway.

  • 8. David  |  12. November 2009 um 11:38

    Thanks Cornelia,

    I will take your comments on board when I am updating the resources,

    David


Linktipp

SPRACHLICH: Dies, DaF, ecetera. Für Lernende (Aussprache, Grammatik, Hörverstehen und mehr) und Lehrende.
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