Text(re)konstruktion

16. August 2009

Ich habe mir gestern den Votrag von Wilfried Krenn zu motivationalen Aspekten im Fremdsprachenunterricht angesehen, den er auf der IDT gehalten hat.

Eingehen möchte ich hier aber nicht auf den Vortrag selbst, sondern auf ein  Verfahren zur Textarbeit, dass er in diesem Vortrag erwähnt hat: die Textrekonstruktion.

Krenn postulierte, dass man mit Textarbeit im Unterricht nicht nur Strategien trainiern sollte, wie man Informationen findet, obwohl man in einem Text nicht alles versteht (was wir tun, wenn wir mit authentischen Texten Arbeiten, deren Schwierigkeitsgrad von Wortschatz und Grammatik das Wissen der Lernenden übersteigt), sondern dass auch geübt werden sollte, sprachliche Informationen nachhaltig im Gedächtnis zu speichern.

Gezeigt hat Krenn zwei Verfahren:

  1. Sätze werden nur ganz kurz gezeigt (zum Beispiel am Hellraumprojektor mit dem Beamer). Die Lernenden werden gebeten zu notieren, was sie können (Sinn der Sache ist es aber, dass sie nicht genug Zeit haben, alles ganz genau aufzuschreiben)
  2. Klopfdiktat: der Lehrer diktiert einen Text. Immer wenn er klopft, machen die Lernenden einen Strich als Lückenplatzhalter.

Anschliessend an beide Verfahren rekonstruiern oder ergänzen die Lernenden den Text in Partnerarbeit. Beide  Techniken bewirken, dass die Textrezeption verlangsamt wird und zielen laut Krenn auf eine grosse Verarbeitungstiefe bei der Informationsentnahme ab. Durch die Partnerarbeit und das Bedürfnis, herauszufinden, was der Text bedeutet, wird authentische Kommunikation im Klassenzimmer provoziert. Beim Lösen der Aufgabe setzen die Lernenden zudem ihr ganzes Sprachwissen ein.

Beim Sehen des Vortrages musste ich auch an eine Übungsform denken, die ich in einer Unterrichtsaufzeichnung gesehen habe, die an einer Weiterbildung gezeigt wurde (es ging dabei aber nicht um die Übungsform an sich). Der Lehrer zeigte seinen Lernenden einen Bildinput und bat dann einzelne Lernende, den anderen je einen Satz zum Bild zu diktieren. Diese Sätze wurden dann alle aufgeschrieben, anschliessend wurde dann wieder in Partner- und Gruppenarbeit am Text gearbeitet. Die Lernenden konstruierten aus dem diktierten Rohmaterial pro Gruppe einen inhaltlich sinnvollen und sprachlich korrekten Text.

Bei Learn:line NRW findet man eine Liste, in der weitere Textrekonstruktionsverfahren kurz vorgestellt werden.

E-Learning-Umsetzungen von Textrekonstruktionsverfahren sind solche Übungen (Englische Beispiele):

Einen Kommentar zu einer  Übung wie beim zweiten Beispiel findet ihr hier: http://spzwww.uni-muenster.de/~griesha/fsu/call/prg-storyboard-0.html

Wie sind eure Erfahrungen mit solchen Übungsformen (egal ob online oder offline)? Was setzt ihr ein? Oder kennt ihr  auch noch andere Formen? Das würde mich interessieren.

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5 Kommentare

  • 1. Karin Bauer-Weisenstein  |  20. August 2009 um 17:46

    Hallo, Cornelia

    Ähnliche Übungen wie von der Uni Münster gibt es auf der Tauschbörse Unterricht (http://www.blume-programm.de/ab/boerse/b_50.htm#HEADING50-0), unter Konzentrationsübungen. Da nennt sich das „Alles im Kasten“, die Buchstaben werden als Kästchen, bei denen man nur die Ober- oder Unterlängen erkennen kann, dargestellt. Der Teilnehmer hat allerdings alle Wörter in einer alphabetischen Liste unter dem „Text“. Ich habe das nicht sehr oft eingesetzt, habe es in erster Linie als eine Übung zur Orthografie gesehen, weil man sich die Wörter einfach gut ansehen muss. Es ist auch gar nicht so einfach!!!!
    Ausserdem gibt es Texte, bei denen der untere oder obere Teil der Zeile verschwunden ist („Alles kaputt“), auch das ist eine ganz gute Wortschatz- oder Assoziationsübung. Das klappt übrigens bei fantasievollen Lernen gar nciht so schlecht, ich war erstaunt.
    UInd gemixte Texte, bei denen einzelne Wörter aus einem anderen Text untergejubelt sind, findet man bei : DaF.in (http://www.deutschalsfremdsprache.in/index.php?SUBJECT=&actualid=55&which_set=59 Letzte Blätter (Lesetest)), die sowieso viele Anregungen bieten. Die Übungen habe ich im C-Kurs gemacht, und selbst den guten Teilnehmern dieses Kurses fiel es schwer, die falschen Wörter herauszufiltern. Daher scheint mir so eine Aufgabe immer lohnend zu sein.
    Bei freien Lückentexten – ohne Auswahlmöglichkeit für die fehlenden Wörter – haben manche TN sehr schnell angefangen, als erstes nach der Wortart zu fragen, die hier fehlt, und ich denke, das ist auch die richtige Strategie. Das war aber nicht für alle offensichtlich.

    Insgesamt danke ich dir mal wieder für die vielen tollen Beiträge, die ich dann doch nicht immer umsetze, man sollte damit viel disziplinierter sein!

    Viele Grüsse aus Mellingen nach Zürch,
    Karin

  • 2. Martina Ramsauer  |  22. August 2009 um 14:08

    Liebe Cornelia,
    ich habe letzte Woche mit Anfängern ein Video von Viewpoint gezeigt und wir haben auch den Text dazu gelesen. Dann hab ich die Lernenden ins kalte Wasser geworfen, indem ich sie geben habe zu zweit einen Dialog mit ihren eigenen Worten aufzuschreiben. Zum Schluss haben die Lernenden ihre Sätze an die Wandtafel geschrieben.
    Ich kann sagen, dass ich vom Resultat sehr positiv überrascht war.
    Grüsse aus dem Tessin .
    Martina

  • 3. Cornelia  |  23. August 2009 um 21:37

    Viewpoint? Was ist denn das? kenn ich nicht!

  • 4. Cornelia  |  24. August 2009 um 11:51

    Meinst du das Angebot von Michigan? Ich vergesse immer den Naemn.

  • 5. Martina Ramsauer  |  30. August 2009 um 13:06

    ja, ganz genau. Wahrsheinlich habe ich den Link von dir!
    Dein visuelles Diktat finde ich übrigens auch sehr interessant und es freut mich, dass du auch mal was von mir hast brauchen können.
    Einen schönen Sonntag.
    Martina
    ganz genau. Den Link habe ich wahrscheinlich von dir!

    Deinen Artikel über das visuelle Diktat finde ich übrigens auch sehr interesant und es freut mich, dass du mal etwas von mir hast brauchen können.
    Einen schönen Sonntag.
    Martina


Linktipp

SPRACHLICH: Dies, DaF, ecetera. Für Lernende (Aussprache, Grammatik, Hörverstehen und mehr) und Lehrende.
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