Deutsch mit Rhythmus

15. August 2009

Die Zeitschrift für interkulturellen Fremdsprachenunterricht (ZIF) bringt immer wieder interessante Beiträge. Heute möchte ich auf die Ausgabe vom Mai 2007 (12 Jg., Nr. 2) verweisen, die ganz der Phonetik im Deutsch als Fremdspracheunterricht gewidmet ist. Da die Rhythmisierung immer noch ein Bereich ist, der gerne vernachlässigt wird und zu dem in Lehrwerken wenig Material geboten wird (auch wenn die Situation langsam besser wird), möchte ich besonders den Artikel Deutsche Aussprache – Lernen mit Rhythmus von Andreas Fischer hervorheben.

Fischer propagiert den natürlichen deutschen Sprechrhytmus als Basis jeder Ausspracheschulung. Körpersprache und Rhytmusinstrumente werden zur Unterstützung eingesetzt. Ein Beispiel dafür, wie das in der Praxis aussieht, findet man in diesem Video von seiner Homepage.

Der Artikel in der ZiF besteht zum grössten Teil aus Auszügen aus seinem Buch „Deutsch lernen mit Rhythmus„. Besonders hilfreich ist, dass das Pdf mit zahlreichen Videos verlinkt ist, die illustrieren, wie sich das in der Praxis anhört und aussieht. Zum Beispiel kann man sich  verschiedene phonetische Gesten (Kap. 2.4, ab Seite 6) im Einsatz ansehen, die je nachdem zur Bewusstmachung, Unterstützung und Korrektur dienen können. Auch die im Artikel erwähnten Sprechstücke sind nicht nur mit Notennotation, sondern auch mit einem Videobeispiel illustriert.

Besonders toll finde ich, dass Herr Fischer zeigt, dass man fast jeden Text zur Arbeit an der Prosodie und damit an der Aussprache im Allgemeinen einsetzen kann. Phonetik wird so weniger zum Extra, dass man auch noch machen muss und eher zum selbstverständlich integrierten Bestandteil des Unterrichts. Es wäre zu hoffen, dass sich diese Erkenntnis möglichst weit verbreitet.

Fischer hat seine Methode hauptsächlich für den Primarbereich entwickelt, kann aber auch Beispiele für den erfolgreichen Einsatz in der Sekundarstufe anführen.

Ich selber setze auch phonetische Gesten ein uns sie werden von den Studenten, die aus unterschiedlichsten Kulturen kommen und meistens zwischen zwanzig und dreissig Jahre alt sind, gut angenommen. Ich benütze phonetische Gesten, weil man sie während des Sprechens prallel benutzen kann und viele von ihnen nicht nur eine Merk-, sondern eine echte Artikualtionshilfe darstellen (zum Beispiel das „Schlagen“ beim Wortaktzent. Beim Ungarischlernen (eine Sprache mit ausgeprägtem Erstsilbenakzent) habe ich das auch selber ausprobiert und es hat mir geholfen). Auch das Summen ist sehr nützlich, weil es den Lernenden hilft, Intonation, Akzent und Rhytmus wahrzunehmen und das ist ja der erste Schritt zum korrekten nachsprechen. Was den Einsatz von Rhythmusinstrumenten betrifft, bin ich zurückhaltender. Ich lasse meine Studenten zwar auch rhythmisch sprechen und klatschen, aber dabei ist es bisher geblieben, hat aber auch schon viel gebracht.

Meiner Meinung nach leistet Herr Fischer einen wichtigen Beitrag zu sinnvoller Aussprachearbeit im Unterricht. Ein kleiner Wermutstropfen aber bleibt, und das ist die Sprache seiner Erläuterungen. Wenn ich Sätze lese wie „Die Kunst ist, rhythmischen Wohllaut massvoll zu dosieren, instinktsicher oder wohlüberlegt; sich in Halbsätzen dem Vers anzunähern, aber rechtzeigig den Rhythmus zu wechslen, um nicht an den Marmorklippen der Manieriertheit zu zerschellen“ (Kap. 2.6, S 10.) frage ich mich schon, ob man das nicht etwas weniger umständlich und dafür direkter ausdrücken könnte und sollte. Ich würde auch aber auf jeden Fall empfehlen, wenigstens einige der verlinkten Videos anzuschauen und die Erläuterungen dazu zu lesen. Ich finde, sie machen Lust, etwas Ähnliches auszuprobieren.

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13 Kommentare

  • 1. Eva  |  15. August 2009 um 06:26

    Danke für den Hinweis, Cornelia. Es stört mich auch schon seit Längerem, dass Phonetik in französischen Lehrwerken (und in der Lehrerausbildung?) nicht berücksichtigt wird. Ich singe gern mit meinen 10-15jährigen GymnasiastInnen, aber so richtig rhythmisch geht es bei uns (noch?) nicht zu.
    Bis dann, Eva.

  • 2. Cornelia  |  15. August 2009 um 08:24

    Dann sind die Beispiele ja perfekt. Andreas Fischer arbeitet nämlich in Frankreich. Es gibt glaube ich auch einen älteren Artikel aus „Fremdsprache Deutsch“ von ihm, in dem er explizit auf Ausspracheprobleme französischsprachiger Deutschlernender Bezug nimmt, aber da bin ich mir leider nicht mehr sicher.

  • 3. Cornelia  |  15. August 2009 um 08:57

    Der Artikel ist von Wolfgang Fischer: Kontrastiv Aussprache unterrichten: Vorbild Gymnastik- und Gesangsunterricht. Deutsch als Fremdsprache, Heft 12, S. 19-22.

  • 4. Eva  |  15. August 2009 um 09:06

    Danke, für den Tipp, Cornelia. Ich habe mir inzwischen ein bisschen Videos von (Andreas ? Wolfgang ?) Fischer angesehen. Ein paar Sachen sind tatsächlich interessant.

  • 5. Eva  |  15. August 2009 um 09:14

    Den Artikel von Fischer gibt es als i-paper hier (weißt du vielleicht schon) : http://www.scribd.com/doc/16616738/Fremdsprache-Deutsch-Heft-12?autodown=txt

  • 6. Cornelia  |  15. August 2009 um 09:41

    Das sind zwei verschiedene Personen, aber ich glaube miteinander verwandt. Auf jeden Fall verlinkt Andreas Fischer auch Videos von Wolfgang Fischer.
    Den Artikel habe ich ganz altmodisch auf Papier gelesen. 🙂

  • 7. Andreas Fischer  |  15. August 2009 um 20:15

    Als Autor des Buches „Deutsch lernen mit Rhythmus“ kann ich das klären: Wolfgang Fischer ist nicht mein Bruder, sondern mein Kollege und Freund. Wir haben am GI Lyon viel in Richtung Ausspracheschulung unternommen: Material herstellen, Fortbildungen veranstalten, Videos produzieren. Wir haben oft mit der Schauspielerin Eva Hanke (Montélimar) zusammengearbeitet.
    Der Satz mit Wermutgeschmack „Die Kunst ist …“ ist gekennzeichnet als Zitat aus: Wolfgang Schneider „Deutsch für Profis“.

  • 8. Cornelia  |  15. August 2009 um 22:49

    Die gleichen Nachnamen waren verführerisch 🙂

    Das Zitatzeichen habe ich leider übersehen, aber ich stehe dazu – Deutschpapst hin oder her: ich finde den Satz so wie er ist an dieser Stelle nicht so glücklich.

  • 9. Cornelia  |  15. August 2009 um 23:04

    Ich habe noch mal nachgesehen: in der von mir zitierten Pdf-Version schliesst das Anführungszeichen unten auf Seite neun, auf Seite 10 geht es dann ohne weiter. Daher rührt das Missverständnis.
    In der Buchausgabe ist das Zitat dagegen deutlicher markiert. Zitiert habe ich aber eben das frei zugängliche Pdf.

  • 10. Andreas Fischer  |  17. August 2009 um 08:14

    Vorschlag für Eva:
    Versuch’s mal mit meinen „sowieso-RAPs“. In 6e und 5e kommen die nach meiner Erfahrung sehr gut an. Die SchülerInnen sagen mir „On le chante encore?“
    Doch Lieder singen ist was anderes! Ist natürlich auch gut, wenn die Auswahl stimmt.

    In meinem Buch gibt’s eine CD-ROM mit rund 100 Videos und 100 Audios, damit man sehen und hören kann, wie dynamisch Deutsch klingen kann.

    Was ganz Tolles für 7,- €: http://www.musicisthelanguage.com/14.0.html

  • 11. Cornelia  |  17. August 2009 um 09:14

    Danke für den Tipp, das kannte ich noch nicht und sieht sehr gut aus!

  • 12. Eva  |  18. August 2009 um 17:02

    Ich kannte das auch noch nicht. Danke für den Hinweis, @Andreas. Schade, die Hörproben des sowieso-Rap lassen sich auf meinem Computer nicht anhören. Sixièmes gehören leider ab September in unserem Collège zur ausgestorbenen Spezies, aber ich wage es auch, mit etwas Größeren „Stimmarbeit“ zu machen. Nach dem ersten Staunen sind sie meistens gern dabei.
    Bis dann, die Eva.

  • 13. adjektiv  |  1. September 2009 um 01:23

    Eva | 15. August 2009 um 09:14

    Die Dateie gibt es auch als ein ordentlicher pdf, man muss sich allerdings registrieren um herunterladen zu können. Dateien in Ordner Deutsch als Fremdsprache.

    liebe Grüße

    Adjektiv


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