Zeile für Zeile
22. Mai 2007
Ich setze gerne Lieder im Deutschunterricht ein. Eine der Methoden, die ich immer wieder mal anwende, besteht darin, das Lied in seine Zeilen zu zerlegen. Die Lernenden erhalten das zerschnittene Lied und müssen es während dem Hören rekonstruieren. In Gruppen von 2 – max. 4 Personen ordnen sie die Streifen während des Hörens neu. Je nach Lied braucht die erste Gruppe 2-3 Durchgänge, um den Text zu rekonstruieren.
Was bringt diese Methode?
- die Lernenden lesen den Text genauer und öfter, als wenn man ihn nur lesen liesse.
- Sie müssen Geschriebenes mit gesprochenem in Verbindung bringen. Das ist gar nicht so einfach wie es klingt. Im Zusammenhang damit kann man auch Verschleifformen (wie zum Beispiel „hammer“ statt „haben wir“), Ausfall von unbetonten Vokalen usw. thematisieren, die auch in gesprochener Umgangssprache vorkommen.
- Man kann damit auch schnelle Lieder mit schwierigem Wortschatz in den Unterricht einbauen. Nach einer Hörvorlage Textzeilen zu ordnen, ist auch dann möglich, wenn man vieles nicht versteht. Nachher hat man das Lied schon zwei bis drei Mal gehört (ohne dass es langweilig wurde) und so schon ziemlich viel vom Kontext verstanden. In der Regel ist die Gesamtaussage des Liedes nach dem Zusammensetzen allen klar. Jetzt kann man sich – auf der Basis des rekonsturierten Textes – genauer mit dem Inhalt auseinandersetzen.
- Es macht den Lernenden Spass (und zwar Jugendlichen wie Erwachsenen)
Am Schluss lasse ich das Lied häufig singen. Zwingen will ich dazu aber niemanden. Wer will, kann auch einfach tonlos die Lippen bewegen und mitlesen. Wichtig ist mir, dass sie zumindest versuchen, im Tempo des Liedes mitzusprechen. Selber laut mitzusingen, bewegt in der Regel aber schon viele zum Mitmachen.
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3 Kommentare
1. DaF-Blog » Mit Lied&hellip | 31. Januar 2008 um 21:23
[…] Beispiel eine Variante von Zeile für Zeile. Statt die Zeilen auf einzelne Zettel zu schreiben, werden sie auf einem Blatt innerhalb der Verse […]
2. Karin Bauer-Weisenstein | 18. Juni 2008 um 08:02
Hoi!
Nachdem ich im Fernsehen die „Jungen Dichter und Denker“ gesehen habe, die Klassiker der deutschen Lyrik rappen, habe ich bei der Suche nach der CD dazu ein Ähnliches Projekt von „Doopel-U“ gefunden (Goethe udn Schiller rappen, http://www.doppel-u.de/cms/index.php?id=79) und bereits im Unterricht (B2/C1) eingesetzt. Die Rap-Version vom Zauberlehrling (sprachlich nicht so anspruchsvoll wie viele andere der Gedichte) ist bei den Schülern sehr gut angekommen, auch wenn es ziemlich schwierig für sie war, den Text zusammen zu setzen. Ich habe, um das Ganze etwas zu vereinfachen (dachte ich!!!), den Text nicht Zeile für Zeile, sondern zweizeilenweise auseinander geschnitten und an den Anfang jeder Strophe die entsprechende Nummer geschrieben. Nach dem ersten Hören – ohne den Text zu legen – haben wir dann jeweils den Anfang der Strophen hingelegt. Damit konnte man sich wieder orientieren, wenn man den Faden verloren hatte. Nach dem vierten Hören war der Text komplett, und ich habe da schon beobachtet, wie eine TN – ohne Ton – im Originaltempo die Lippen bewegte. Doppel-U spricht sehr deutlich und etwas langsamer als die jungen Dichter und Denker, ausserdem singen die zum Teil und wiederholen Textteile, sodass ich denke, die Arbeit mit der CD von den Youngsters wird schwieriger sien. Ich will es aber trotzdem versuchen.
So kann ich, ohne allzuviel auf die Literatur einzugehen, doch ein bisschen Literatur bekannt machen und als Hör- und Sprechübung einsetzen.
Wie immer bin ich froh über jeden Tipp, den ich auf deinen Seiten finde, und muss mich manchmal wirklich losreissen!!!
Viele Grüsse aus Melingen,
Karin
3. Cornelia | 18. Juni 2008 um 11:47
Sehr schöne Idee, vielen Dank! Ich kannte weder Doppel-U noch die jungen Dichter. Werd ich sicher auch bald ausprobieren!