Paralleltexte

7. Februar 2007

Unter Paralleltexten kann man zwei verschiedene Dinge verstehen

  1. Texte, die man nach einem Mustertext schreibt. Man liest zum Beispiel ein Gedicht und schreibt dann ein „paralles“ Gedicht dazu, dass sich strukturell an die Vorlage anlehnt.
  2. zweisprachige Texte. Oft sind sie so dargestellt, dass die korrespondierenden Abschnitte einander gegenüber stehen.

Mir geht es in diesem Beitrag um die zweite Bedeutung von Paralleltext und den Nutzen solcher Texte für das Sprachenlernen. Im ersten Moment denkt man bei solchen Texten wohl am ehesten an Anfänger. Sie können damit Zugang zu Texten finden, die zu schwierig für sie wären, müssen nicht dauernd nachschlagen und können im Kontext neue Wörter lernen. Ich selbst glaube aber, dass Anfänger von solchen Texten gar noch nicht richtig profitieren können. Um zu merken, dass eine Redewendung in der Zielsprache anders realisiert wird als in der Ausgangssprache, muss man die Grundbedeutung der Wörter kennen. Erst fortgeschrittenere Lernende, bei denen diese Voraussetzung gegeben ist, haben die Chance, mit solchen Texten ihre Muttersprache mit der zu lernenden Sprache zu vergleichen.

Eines der Postulate im Fremdsprachenunterricht ist zwar, dass man die Zielsprache so oft wie möglich benutzen will und im Prinzip unterstütze ich das auch. Aber ich finde, dass es sich lohnen kann, die Muttersprache von Zeit zu Zeit ins Klassenzimmer einzuladen. Denn implizit ist sie ja immer da, selbst wenn der Lehrer so täte, als gäbe es keine anderen Sprachen als Deutsch. Professionell übersetzte Paralleltexte bieten eine gute Gelegenheit dazu, Interferenzen aus der Ausganssprache zu thematisieren und den Lernenden zu Spracheinsichten zu verhelfen. Gerade im Bereich der Kollokationen können sie nützlich sein. Lehrmittel und Wörterbücher helfen in diesem Bereich oft nur wenig und es ist schwierig zu Begründen, warum man auf Deutsch Entscheidungen trifft und auf Englisch „nimmt“ oder „macht“. Hin und wieder könnte man solche Unterschiede (und überraschende Gemeinsamkeiten) einfach entdecken lassen.

Sprachlich heterogene Klassen sind natürlich ein Problem, da Texte, die wirklich in allen benötigten Sprachen vorkommen, sind rar. Project-syndicate, ein Angebot von mehreren Zeitungen, wo man Kommentare zu verschiedenen Themen von Fachexperten findet, bietet mit englischen, spanischen, französischen, deutschen, russischen, tschechischen, chinesischen und arabischen Versionen pro Artikel schon eine hübsche Auswahl.

Für Französisch-Deutsch bietet das Online-Magazin Rencontres einige Pralleltexte an. Für Englisch sind die 19. century German short stories empfehlenswert.

Weitere Hinweise nähme ich natürlich gerne entgegen.

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Abgelegt unter: Lesen,Sprachbetrachtung,Wortschatz

4 Kommentare

  • 1. Katrin Junge  |  27. März 2007 um 10:31

    Die Internetzeitung http://www.cafebabel.com bietet interessante Artikel zu Europa-Themen in fünf europäischen Sprachen. Eine wahre Fundgrube für Paralleltexte.

  • 2. DaF-Blog » Linguee:&hellip  |  2. Mai 2009 um 01:35

    […] den Wert von Paralleltexten zum Sprachenlernen habe ich schon mal gechrieben. Linguee ist eine Suchmaschine, die als Korpus nicht das ganze Web, […]

  • 3. zulaikha  |  30. April 2011 um 14:15

    Hallo,
    ich bin sehr whol einverstanden mit eure Leistungen in Bezug auf Daf.

  • 4. DaF-Blog » Foreign &hellip  |  12. Dezember 2015 um 10:51

    […] Foreign language library ist eine Sammlung von Paralleltexten, die unter der Creative Commons-Lizenz BY – NC stehen. Man findet dort in verschiedenen […]


Linktipp

SPRACHLICH: Dies, DaF, ecetera. Für Lernende (Aussprache, Grammatik, Hörverstehen und mehr) und Lehrende.
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