Handys im DaF- und DaZ-Unterricht

28. April 2016

In einem ältern Beitrag habe ich schon einmal über das Sprachenlernen mit dem Handy geschrieben. Das war 2011 und inzwischen hat sich einiges getan. Inzwischen ist es so, dass Handys im Unterricht eine Rolle spielen, ohne das die Lehrperson das unbedingt anregt (oder auch nur will :-)). Einige Beispiele:

  • Statt Bilder, Grafiken oder Texte ausgedruckt in den Unterricht mitzubringen, bringen einige Lernende sie nur noch auf dem Handy, was vor allem dann auffällt, wenn die entsprechenden Mitbringsel als Gesprächsanlass für eine Gruppe (= mehr als zwei Personen gleichzeitig) hätten dienen sollen. Tablets sind in dieser Beziehung besser, aber auch ihre Bildschirme sind für Gruppen eher klein. Dafür werden Schnappschüsse (von sprachlichen Fundstücken, Ereignissen etc.), die sich als Sprechanlässe mit persönlicher Note eigenen, besser verfügbar.
    Auch Zeitungsartikel etc, die sie zum Beispiel für ein Zusammenfassungsprojekt abgeben sollen, kommen nicht als Ausdruck oder Scan, sondern als Handybild. Auch handschriftliche Hausaufgaben habe ich so bekommen, was ich eher mühsam fand. In diesem Bereich muss man einfach klar sagen, welche Formate man akzeptiert.
  • Dokumentationsfunktion: Wenn ich Hausaufgaben auf dem Overheadprojektor notiere, werden sie immer öfter fotografiert statt abgeschrieben. Auch wenn ich Bücher zeige, schreibt sich kaum noch jemand den Titel auf. Die Bücher werden fotografiert, meist samt ISBN-Nummer.
  • Wörterbücher: Papierwörterbücher sind praktisch verschwunden. Die meisten schlagen elektronisch nach, immer mehr auch in Online-Wörterbüchern wie z.B. Leo oder Pons. Dadurch hat sich die Verfügbarkeit von Wörterbüchern erhöht und die Tendenz, viele Wörter nachschlagen zu wollen, auch. In diesem Bereich ist es meiner Ansicht nach wichtig, Wörterbucharbeit zu machen, was sowohl die Stärken und Schwächen von verschiedenen Wörterbüchern als auch die sinnvolle Nutzung beinhalten sollte.
  • Audio- und Video-Dateien werden immer öfter auf dem Handy angeschaut. (Zur Sprache kommt das vor allem dann, wenn die verwendete Plattform bzw. das verwendete Format nicht handytauglich war).
    Falls es zugängliches WLAN im Klassenzimmer gibt, liessen sich dank der Smartphones auch Hörverstehensaufträge individualisieren. So könnte man auch Modell für selbständiges Arbeiten ausserhalb des Unterrichts bieten. Allerdings muss man Ausweichlösungen für Lernende vorsehen, deren Geräte nicht den Anforderungen entsprechen oder gar kein eigenes Gerät haben (zwei Leute pro Kopfhörer, zusätzliche Lapptops etc.).
  • Audio-Aufnahmen oder Video-Aufnahmen (z.B. als Aussprachetraining, als Endprodukt eines selbstgeschriebenen Dialogs, zum Üben einer Präsentation) werden immer häufiger mit dem Handy erstellt. Die Potentiale von Sprachaufnahmen (mehr Übungsmöglichkeiten, Reflexion der eigenen Leistung) sind so besser nutzbar.
  • In Projekten, in denen Bilder wichtig sind, machen die Lernenden sie häufiger selbst. Je nach Projekt werden so viel spezifischere (und persönlichere) Bilder möglich (z.B. als Illustrationen für eine Geschichte, für ein Bildwörterbuch etc).
  • Werkzeug für eigenständiges Sprachenlernen: Einige Lernende nutzen das Smartphone aktiv zum Sprachenlernen, sei es als mobiler MP3-Player, als Vokabeltrainer, zum Naschlagen von Wörtern oder einfach zum Lesen von Texten. Als Lehrperson kann man entweder selber aktiv Vorschläge machen oder die Lernenden darüber sprechen lassen, was sie wofür nutzen.

Das Handy spielt also eine Rolle im Unterricht, ob wir das einplanen oder nicht. Also höchste Zeit, sich Gedanken zu machen, wie diese Rolle aus Sicht der Lehrperson aussehen soll. Glücklicherweise gibt es auch einige neuere Publikationen bzw. Tests zum Thema, mit deren Hilfe man sich vertieft mit dem Thema auseinandersetzen kann. Erwähnen möchte ich:

  • Wilhelm Grießhaber: „Sprachlabor to Go“ – Lehr- und Lernbedingungen mit Smartphone und Tablet. In: Drumbl, Hans; Hornung, Antonie (Hrsg.): IDT 2013. Band 1. Hauptvorträge. Bozen, 2015. S. 405-421. Pdf-Download des ganzen Bandes unter http://bupress.unibz.it/de/idt-2013-1-hauptvortrage.html
  • Feik, Diana: Mehr als nur Apps – Mobiles Lernen im DaF-Unterricht. In: Fremdsprache Deutsch: Unterrichten mit digitalen Medien (Nr. 53, 2015), S. 14-18. (nicht frei online zugänglich).
  • GFL 2/2015: Sondernummer zu Apps im DaF-Unterricht. Beiträge von verschiedenen Autoren: http://www.gfl-journal.de/ (Falls die Nummer unter dem Direktlink nicht mehr erreichbar ist, findet man sie im Archiv: http://www.gfl-journal.de/previous.php). Darin enthalten ist auch ein Beitrag zu Sprachlernapps: „Apps for learning German vocabulary – What does the digital landscape look like?“ (GFL 2/2015, S. 31-57)  von Susanne Krauß. Sie gibt darin einen Überblick über im Moment verfügbare Apps im Bereich Wortschatzlernen. Erwähnenswert ist insbesondere der Anhang B (ab S. 55), in dem sie die Eigenschaften der Apps in einer Tabelle übersichtlich darstellt.
  • Die Stiftung Warentest hat 12 Apps getestet, die sich an Anfänger richten und für arabische Muttersprachler geeignet sind. Auf dieser Seite kann man die Apps miteinander vergleichen.
    Die Stadt der Wörter, eine der empfohlenen Apps, kann man übrigens auch auf dem Desktop spielen.

 

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3 Kommentare

  • 1. Eva Lacroix  |  29. April 2016 um 07:25

    Liebe Cornelia,

    schön, Dich wieder mal zu lesen, und das noch mit einem Thema, das mir schon seit Jahren als wichtig erscheint. In Frankreich sind Smartphones, im Gegensatz zu Tablets, im Unterricht verboten. Das finde ich jammerschade (und nicht unbedingt verständlich). Warten wir auf eine Gesetzesänderung, um endlich losschiessen zu können!

    Dir alles Gute von Eva.

  • 2. Cornelia  |  29. April 2016 um 12:37

    Liebe Eva

    Danke, gleichfalls! Pauschale Verbote machen meiner Meinung nach wirklich selten Sinn. Leider geht es nicht immer nach meiner Meinung 🙂
    Ich habe überigens gerade noch einen Artikel zum mobilen Lernen von Thomas Strasser (publiziert vom Goetheinstitut) gelesen, den Ralf Klötzke gerade getwittert hat: https://www.goethe.de/de/spr/mag/20744244.html

    Auch dir alles Gute, Cornelia

  • 3. Eva Lacroix  |  5. Mai 2016 um 05:11

    Danke, Cornelia!
    Lieber Gruss von Eva.


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