Nachrichten leicht

6. Januar 2013

Nachrichten leicht ist ein neues Angebot vom Deutschlandfunk und der Fachhochschule Köln. In einfachem Deutsch wird über aktuelle Ereignisse berichtet. Alle Texte kann man sich auch vorlesen lassen.

Einfaches Deutsch zu schreiben ist nicht einfach, vor allem, wenn der Inhalt nicht simplifiziert werden soll. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema leichte Sprache und der Umsetzung bei Nachrichten leicht findet ihr bei Alexander Lasch. Aber am besten schaut ihr euch die Webseite selber einmal an.

(via sprachlog.de)

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Abgelegt unter: Für Lehrende,Für Lernende,Lesen

12 Kommentare

  • 1. Eva Lacroix  |  8. Januar 2013 um 10:04

    Liebe Cornelia,
    die Idee mit den „leichten“ Nachrichten finde ich gut; allerdings bin ich beim ersten genauer durchgesehenen Text auf ein paar merkwürdige Phänomene gestoßen: oft benutzte Komposita erhalten einen Bindestrich (Bundes-Kanzler, Kanzler-Wahl, Finanz-Minister, etc.), und der Genitiv wird systematisch mit „von“ eingeleitet: „An der Spitze von einer Regierung…“, etc. Soll das wirklich das Leseverstehen erleichtern? Mal sehen, wie Alexander Lasch sowas begründet.
    Bis dann, LG, Eva.

  • 2. Eva Lacroix  |  8. Januar 2013 um 10:29

    Cornelia, ich habe gerade entdeckt, dass sich „Nachrichten leicht“ wohl wie die Seiten der Bundesregierung „Informationen in Leichter Sprache“ – http://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/LeichteSprache/leichteSprache_node.html;jsessionid=A649A791D0997419AA4136E959BBA64E.s1t2
    vor allem an Behinderte wenden. Das kann die genannten Rechtschreibformen erklären. Ob dies im Fremdsprachenunterricht auch angeboten werden sollte / könnte, müsste noch diskutiert werden.

  • 3. Cornelia  |  8. Januar 2013 um 12:37

    Liebe Eva

    Danke für die Kommentare!
    Also zumindest „von“ statt Genitiv findet man in Texten für DaF zuhauf. Am Anfang hat mich das gestört, inzwischen ertappe ich mich selbst oft dabei. Das Durchkoppeln von Komposita wird einem oft zur Steigerung der Lesbarkeit empfohlen. Das es geübte Leser eher stört, liegt wohl vor allem daran, dass wir gewohnt sind, auch lange Wörter als ganzes zu erfassen, was für Menschen mit Leseschwierigkeiten schwierig ist (und auch meine Schüler im A-Bereich finden nicht immer den Ort, wo sie das Kompositum zerlegen müssen (z.B. Cornelia, was ist ein Shai? (im Wort „Wohnunghai“). Leider kenne ich mich bei dem Thema nicht besonders gut aus. Ich selber wollte mich schon ewig mal ins Thema „leichte Sprache“ einlesen, aber irgendwie komme ich nie dazu 🙂
    Ich glaube auch, dass die Bedingungen für DaF nicht die gleichen sind, weil zum Beispiel meine Zielgruppe Fremdwörter oft besser versteht als die deutschen Wörter (siehe zum Beispiel herstellen – produzieren).
    Allerdings sieht es im Bereich DaZ zum Teil anders aus. Kolleginnen von mir, die im niederschwelligen Migrationsbereich tätig sind, haben mir berichtet, dass sie oft mit Leuten zu tun hätten, die auch in ihrer Muttersprache Mühe hätten, komplexe Texte zu verstehen und dass diese Lernenden oft auch keine Sprache sprächen, aus der sie Fremdwörter ableiten könnten. Im niederschwelligen DaF-Bereich treffen die Bedürfnisse vielleicht doch wieder aufeinander und auf der Webseite, die du verlinkst wird ja sowohl auf funktionale Analphabeten wie auch auf DaZler Bezug genommen („Für Menschen, die nicht so gut lesen können. Oder für Menschen, die nicht so gut Deutsch können). Ich habe keine Ahnung, ob es schon Perzeptionsforschung in diesem Bereich gibt. Auch bei „Nachrichten leicht“ scheinen keine Linguisten mitzuarbeiten (die Studierenden belegen ja das Fach „Online-Redatkeur“). Oder kennst du was dazu, wie man Sprache für Kinder aufbereiten soll (wobei das vermutlich wieder nicht genau dieselben Bedürfnisse sind).

    Liebe Grüsse aus dem sonnigen Zürich
    Cornelia

  • 4. Alexander Lasch  |  8. Januar 2013 um 16:43

    Danke für das Aufgreifen der Diskussion! Das Angebot in ‚leichter‘ Sprache richtet sich sowohl an Menschen mit verschiedensten Beeinträchtigungen (u.a. Sehschwache und Blinde) als auch an Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen nur eingeschränkt des Lesens und/oder Schreibens mächtig sind.

    Ich habe mir jedenfalls die Angebote von Bundestag, Bundesregierung und DLF im Nachgang zu den ersten Beobachtungen noch einmal mittels eines korpuslinguistischen Tools (Antconc) angesehen. Für statistische Auswertungen reicht das Korpus vom Umfang her natürlich längst nicht aus, aber qualitative Beschreibungen kann man schon vornehmen.

    Was sieht man am Material? Man kann nur beobachten, was verschiedene Produzenten unter ‚leichter‘ Sprache verstehen und findet einige Auffälligkeiten (von denen ihr auch schon einige genannt habt):

    – kurze Sätze,
    – i. d. R. sehr klare Thema-Rhema-Struktur,
    – hohes Maß an expliziten Wiederaufnahmen,
    – Reduktion komplexer Tempuskonstruktionen,
    – Durchkopplung von Komposita,
    – Verzicht auf subst. Genitivattribute (zu Gunsten präpos. Attribute) und
    – Konzentration auf wenige Voll- bzw. Kopulaverben (geben, machen, tun, sein, werden).

    Diese Merkmale gehen mit dem konform, was die Verständlichkeitsforschung nach Heringer seit Mitte der 80er Jahre erarbeitet hat. Etwas erstaunt war ich aber über folgende Beobachtung abgesehen von den beschriebenen elliptischen Strukturen, die das Verständnis erschweren:

    – relativ hoher Anteil an Vorgangspassivkonstruktionen

    Dies lässt sich zwar mit dem journalistischen/redaktionellen Hintergrund der Autoren bei den jeweiligen Angeboten erklären, macht aber noch einmal deutlich, dass hier noch an einigen Stellen Nachbesserungen empfohlen werden sollten — das Vorgangspassiv ist eine sehr komplexe Konstruktion, die deshalb nicht nur spät erlernt wird, sondern auch schwer zu erschließen und damit letztlich zu verstehen ist.

    Wie dem auch sei — ich denke, dass ich an dem Thema dran bleibe 🙂

  • 5. Eva Lacroix  |  12. Januar 2013 um 20:08

    Danke für diese ausführlichen Antworten, Cornelia und Herr Lasch. Das Anpassen von Texten an spezifische Publikumsbedürfnisse ist tatsächlich ein interessantes Thema. Ich frage mich, was „Thema-Rhema-Reihenfolge“ in den „leichten Nachrichten“ heißt. Ich habe im Falscherskandal-Text (Entschuldigung, Fälscher-Skandal-Text 🙂 ) zwei Formulierungen gefunden, bei denen es fraglich ist, ob sie wirklich hilfreicher als die „genormtere“ Formulierung sind. Ich denke an folgende Textstellen: „Im Dezember 2012 musste der Kunst-Fälscher Wolfgang Beltracchi 2 Millionen Euro an eine Firma zahlen.“ und „2006 hat eine Firma aus dem Land Malta ein gefälschtes Bild von Beltracchi für sehr viel Geld gekauft.“ Oder bin ich bereits zu sehr von meinen eigenen Empfehlungen an französische Deutschlernende geprägt, d.h., nach Sinnzusammenhängen zu suchen, um sich über Syntaxschwierigkeiten hinweghelfen zu können?

  • 6. Cornelia  |  12. Januar 2013 um 21:20

    Inwiefern sind für dich die beiden von dir zitierten Sätze auffällig? Beim zweiten Satz würde ich in der Schriftsprache vielleicht das gefälschte Bild eher beim Verb erwarten, aber beim ersten? Geht es dir um die Position von 2 Millionen Euro? Für mich klingen beide Sätze gleich gut.

    Die Frage wäre jetzt ja, ob die Thema-Rhema-Struktur wirklich in irgend einer Form explizit beachtet wird. Primär war das ja ein Befund der Auswertung von Alexander. In den Regeln für leichte Sprache (http://www.leichtesprache.org/downloads/Regeln_Netzwerk_Leichte_Sprache.pdf) habe ich nichts gefunden, was ich in diese Richtung deuten würde.

  • 7. Cornelia  |  12. Januar 2013 um 21:32

    Hier noch der Link zum Kunstfälscherartikel: http://www.nachrichtenleicht.de/kultur/skandal-um-kunst-falscher/

  • 8. Eva Lacroix  |  13. Januar 2013 um 10:08

    Cornelia,
    danke für Deine Rückmeldung.
    “Im Dezember 2012 musste der Kunst-Fälscher Wolfgang Beltracchi 2 Millionen Euro an eine Firma zahlen.” würde ich so ändern: “Im Dezember 2012 musste der Kunst-Fälscher Wolfgang Beltracchi an eine Firma 2 Millionen Euro zahlen.”
    Wie viel man zahlt, erscheint mir hier wichtiger als die Tatsache, dass es an eine Firma gezahlt werden muss. Deswegen würde ich die 2 Millionen in unmittelbare Nähe des Verbs „zahlen“ rücken; aber vielleicht bin ich ja hier zu puristisch.

  • 9. Ruth  |  1. Februar 2013 um 14:59

    Hallo Cornelia

    Vielen Dank für deinen Vorschlag. Ich finde die Webseite genial! Kurze Texte zu aktuellen Themen. So macht lesen in einer anderen Sprache Spass.

    Liebe Grüsse
    Ruth

  • 10. Cornelia  |  1. Februar 2013 um 15:05

    Das freut mich! Liebe Grüsse

    Cornelia

  • 11. Alexander Lasch  |  4. Februar 2013 um 15:21

    Ich habe mich noch einmal an das Thema herangesetzt und die oben skizzierten Merkmale von ‚leichter Sprache‘, wie sie sich aus unterschiedlichen Angeboten ableiten lassen, die „Regeln“ für ‚leichte Sprache‘ und Ergebnisse der Verständlichkeitsforschung miteinander verglichen und zehn Gestaltungshinweise formuliert, die ich gern als Diskussionsgrundlage verstehen möchte.

    http://alexanderlasch.wordpress.com/2013/02/03/leichte-sprache-10-gestaltungshinweise/

    Freue mich über Anregungen und Kritik!

  • 12. Cornelia  |  4. Februar 2013 um 19:44

    Vielen Dank! Leider bin ich Momentan ziemlich im Stress, aber am Wochenende komme ich hoffentlich dazu, mir das genauer anzusehen. Auf jeden Fall toll, dass du da weitergedacht hast.

    Liebe Grüsse

    Cornelia


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SPRACHLICH: Dies, DaF, ecetera. Für Lernende (Aussprache, Grammatik, Hörverstehen und mehr) und Lehrende.
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