Das Z
28. Juli 2009
Noch ein kleiner Phonetikexkurs, diesmal zum Buchstaben z, der von vielen Lernenden gerne ignoriert und durch stimmhaftes s ([z]) substituiert wird. Auslöser dafür, dass ich in einem B2/C1-Kurs etwas behandelt habe, das ich sonst in den Anfangsunterricht einbaue, war das Wort „Sahnarstin“, dass ich mir dreimal ab Audiodatei anhören musste, bevor der Groschen – oder besser der Rappen – endlich viel und ich das Wort „Zahnärtzin“ erkannte.
Dass auch viele Fortgeschrittene mit dem Z zu kämpfen haben, liegt wohl vor allem daran, dass sich Deutsch für diese Affrikate einen Buchstaben ausgesucht hat, der in sehr vielen anderen Sprachen anders besetzt ist, nämlich mit dem stimmhaften s, dass im IPA so verschriftet wird: [z]. Wenn Lernende z wie ein stimmhaftes s sprechen, ist das wohl vor allem auf eine Schriftinterferenz zurückzuführen. Dast ist vermutlich auch ein Indiz dafür, dass der Ausspracheunterricht im allgemeinen und die Phonemgraphembeziehungen im besondern am Anfang oft vernachlässigt werden. Aber darüber zu jammern, was andere hätten besser machen können, ist ja wirklich nicht sehr konstruktiv. Ausserdem ist es gar nicht nötig, denn unser z-Laut ist nämlich ziemlich einfach zu produzieren: er setzt sich nämlich aus t und s zusammen, die ganz dicht nacheinander artikuliert werden; man rutscht gewissermassen vom Verschluss des t direkt ins s. Das hört sich komplizierter an, als es ist. In 99% der Fälle funktioniert es bei mir, wenn ich die Lernenden bitte, t und s immer schneller nacheinander zu artikulieren. Auch die phonetische Schrift hilft in diesem Fall als Gedächtnisstüzte: [ts] (evtl. noch mit einem Bogen drunter, der beide Buchstaben verbindet, aber das ist im Web nicht so einfach darzustellen).
Es ist auch sinnvoll, den Lernenden zu zeigen, dass das z nicht eine Verziehrung ist, sondern eine Bedeutungsunterscheidene Funktion hat: Wenn man Beispiele wie zwingen und swingen, Reis und Reiz, sehen und Zehen bringt, kann man die Leute auch schon mal zum Lachen bringen und damit ist die Botschaft schon halb verankert und angekommen. Allerdings eigenen sich diese Beispiel halt schon eher für Fortgeschrittene.
Zum Üben eigent sich zum Beispiel der Zungenbrecher: Zehn zahme Ziegen zogen am zehnten zehnten zehn Zenter Zucker zum Zoo. Hier habt ihr ein paar Versionen davon:
Für Anfänger kann man den Zungenbrecher übersetzen und/oder kürzen, zum Beispiel: Zehn Ziegen ziehen zehn Zentner Zucker zum Zoo.
Noch viel besser ist es, wenn man mit Material übt, das einen Bezug zur Lektion hat. Es braucht auch gar nicht so viele Zs pro Satz zu haben. Zwei oder drei genügen, dafür repetiert man das Z aber in einem natürlichen Kontext und aktiviert auch gleich nochmal vorgekommene Wörter, Ausdrücke und Strukturen. Dabei kann man auch Z-Schreibungsvarianten wie tz (sitzen), t (Position) berücksichtigen.
Wie gesagt, die Bildung des z ist gemäss meiner Erfahrung für die Überwiegende Mehrheit nicht so schwer, die eigentliche Arbeit besteht darin, die Phonem-Graphem-Beziehung (z wird ts gesprochen) zu festigen und die Wörter, die Jahrelang falsch gesprochen wurden, neu zu lernen. Je früher das anfängt – und sei es auch nur nebenbei – desto besser.
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9 Kommentare
1. Luc Vanden Abeele | 29. Juli 2009 um 20:21
„Zahnärztin“
2. Cornelia | 29. Juli 2009 um 21:34
🙂 Danke
3. Karin Bauer-Weisenstein | 2. August 2009 um 13:14
Wunderbares Video!
Hast du da alle deine Kollegen „missbraucht“? Bei mir ist es immer um zehn Uhr zehn und es geht zum Zwickauer Zug.
Ich finde generell, dass man mit Zungenbrechern die ganzen nationalitätenspezifischen Ausspracheschwierigkeiten gut üben kann, da hat man den Lacheffekt sicher und dann strengen sich alle sehr an. Ich habe nach und nach für(annähernd) jeden Laut im Deutschen Zungenbrecher gesammelt oder selbst geschrieben und lege die nach Bedarf auf den Hellraumprojektor. Meistens kommen dann auch ein paar muttersprachliche Zungenbrecher, die wieder viel Spass auslösen.
Gruss und einen schönen August,
Karin
4. Cornelia | 2. August 2009 um 20:25
Die Zungenbrecher sind nicht von mir! Aber ich fand die Videoserie (auf youtube gibt es noch mehr davon) toll und brauchbar.
Liebe Grüsse aus Jena
Cornelia
5. Susanne Dietrich | 9. September 2009 um 14:18
Super Blog! Glückwunsch und Dank!
Bin auf dieser Seite auf zwei „dass“ gestossen, die man mit einem „s“ schreiben sollte:
– dass ich sonst in den Anfangsunterricht
– Material übt, dass einen Bezug zur Lektion hat
Mit freundlichen Grüssen,
Susanne
6. Cornelia | 9. September 2009 um 17:03
Die Fehler sind behoben. Danke fürs Melden und vielen Dank auch für das Lob.
Cornelia
7. Cornelia | 15. Oktober 2012 um 10:23
Von Paul Maar gibt es übrigens auch ein schönes Z-Gedicht: Das Z gehört zum Alphabet, zu finden, inklusive Audio, bei Lyrikline.
http://www.lyrikline.org/index.php?id=162&L=0&author=pm00&show=Poems&poemId=1436&cHash=f2edaa4701
8. Karin Weisenstein | 30. Dezember 2012 um 13:02
Hallo Cornelia
Ich habe grade mal wieder in alte Seiten von dir geschaut, und bei dieser fiel mir noch etwas ein, was bei meinen Kursen auch immer für viel Spass sorgt: Ich habe mir ein grosses „e“, ein „z“, ein „t“, ein „h“ und ein „n“ gebastelt, die ich wie eine rote Karte beim Fussball hochhalten kann. Wenn TN immer die gleichen Aussprachefehler machen, benutze ich die Buchstaben, um sie (optisch) daran zu erinnern, dass man diesen Buchstaben anders aussprechen muss. Das Gelächter ist beim ersten Mal immer sehr gross, die Wirkung bald aber auch. Angefangen habe ich damit mit einer Brasilianerin, die immer die End-„e“s nicht aussprach – zumindest nicht so, dass ich sie gehört hätte. Bei ihr reichte es dann oft, dass ich meine Hand zu den Buchstaben bewegte und sie korrigierte sich – und nach einiger Zeit sagte sie am Ende der Stunde ganz stolz zu mir: Hast du gemerkt? Heute hast du das „e“ nur einmal benutzen müssen ….
Seitdem sind die Buchstaben fester Besatndteil meiner Kurse.
Viele Grüsse und einen guten Rutsch,
Karin aus Mellingen
9. Cornelia | 30. Dezember 2012 um 13:18
Coole Idee! Ich mache so was ähnliches für die Umlaute: Wenn Us und Ös wie O und U klingen, steche ich mit zwei Fingern Punkte in die Luft. Das funktioniert auch ganz gut. Aber das Fingersystem hat natürlich Grenzen.