Wie sagt man in …

6. Juli 2006

Dass Deutsch nicht gleich Deutsch ist, habe ich schon mehr als einmal thematisiert. Schön sehen kann man das auf den Karten der Uni Augsburg. Die Abteilung für Germanistik erstellt einen Atlas zur deutschen Alltagssprache. Auf diesen Karten kann man zum Beispiel sehen, dass das Wort Grapefruit mehr oder weniger im ganzen deutschsprachigen Gebiet verwendet wird, Pampelmuse aber nur im nördlichen Teil. In Österreich und der Schweiz wird Pampelmuse gar nicht verwendet.

Alle englischsprachigen Deutschlernenden werden sich freuen zu hören, dass es in Teilen des deutschen Sprachgebiets so etwas wie eine „progressive form“ gibt. Vor allem in der Schweiz und im westlichen Teil von Deutschland gibt es Formen wie „Sie ist am Schlafen“ oder „ich bin die Uhr am Reparieren“.

Vereinzelt kommen auch Aussprachephänomene vor. So gibt es zum Beispiel eine Karte, auf der man sieht, dass die Aussprache von 20 als „zwanzich“ vor allem im Norden, die als „zwanzik“ vor allem im Süden vorkommt. Beide Aussprachevarianten verbreiten sich aber auch ins jeweils andere Gebiet. Dazwischen gibt es auch Regionen die „zwanzisch“ sprechen. Das ist meiner Ansicht nach Grund genug, die Aussprache „zwanzik“ endlich auch im DaF-Unterricht zu akzeptieren, zumindest in Gebieten, wo die ganze Umgebung das so spricht.
Besonders gut gefällt mir als Linguistin, dass die einzelnen Karten kommentiert werden. So erhält man mehr Hintergrundinformationen. Wen man will, kann man sich aber auch mit den farbigen Punkten begnügen. Auch das ist interessant. Finde ich zumindest. Im Moment ist übrigens gerade die vierte Erhebungsrunde am Laufen. 🙂

Bleibt am Schluss noch die Frage, was das alles mit dem DaF-Unterricht zu tun haben soll. Ich will keineswegs propagieren, dass die Lernenden jetzt alle Varianten lernen sollen. Sie haben auch so schon genug zu tun. Aber sie (und vor allem auch ihre Lehrer) sollten sich bewusst sein, dass Deutsch kein monolithischer Block ist. Und das hört – wie man an den oben beschriebenen Karten sieht – keineswegs beim Wortschatz auf. Ab und zu ein Blick auf Varianten zu werfen, kann unterhaltend sein.
Für Lernende, die Deutsch als Zweitsprache lernen, sind solche Varianten noch wichtiger. Wörter wie Postbote oder Pampelmuse wirken in der Scheiz eher fehl am Platz – was nicht heisst das man sie nicht verstehen würde. Trotzdem ist es sinnvoller die Wörter Grapefruit oder Briefträger zu lernen, weil sie einfach häufiger gebraucht werden.

Lehrbücher bevorzugen leider oft eher deutschlandlastige (aus meiner Perspektive vor allem norddeutsche) Varianten. Das hat zum Teil durchaus praktische Gründe, gehen an den Bedürfnissen von in der Schweiz lebenden Lernenden aber leider vorbei. Glücklicherweise scheint in letzter Zeit langsam ein Wandel stattzufinden.

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