learningapps – Anwendungsbeispiele für das Modul „Markieren im Text“
11. Mai 2012
Ich wollte schon länger mal was zu Learningapps veröffentlichen. Da an der DaF-Webkon die Seite in verschiedenen Vorträgen vorgestellt wurde, unter anderem ausführlich von einem Mitarbeiter der anbietenden pädagogischen Hochschule selbst, beginne ich heute mal nicht mit einer Analyse der Seite (die kommt vielleicht später noch), sondern beschäftige mich mit einem Aufgabentyp, der bisher selten verfügbar war, nämlich „Markieren im Text“.
Eine sehr einfache Umsetzung davon ist das klassische „Such-mir-im-Text-ein-Wort-eines-bestimmten-Typs„. Im Deutschunterricht meiner Kindheit (für Muttersprachler), waren das vor allem Aufgaben zu den Wortarten (Markiere alle Verben blau). Auch im DaF-Unterricht kann man diesen Übungstyp einsetzen, zum Beispiel zur Festigung neu gelernter Formen oder zur Bewusstmachung.
Beispiele:
- In diesem kurzen Text über die Tennisspielerin Martina Hingis müssen die Lernenden alle Präteritumsformen markieren. Diesen Aufgabentyp kann man einsetzen, sobald die Lernenden einen ersten Eindruck vom Präteritum haben und um evtl. impizites Regelwissen zu festigen (Ah, das sind die Formen, wo am Ende -te steht oder der Vokal komisch wechselt). Das rezeptive Erkennen von Formen (mit dem Ziel die Bedeutung des Verbs zu finden) ist auch für das Lesen wichtig (wenn wir möchten, dass Lernende möglichst früh mit authentischen Texten zurande kommen, eigentlich wesentlich früher, als das Präteritum in den meisten Fällen eingeführt wird).
- In diesem Beispiel zu Radio und Fernsehkonsum in der Schweiz markieren die Lernenden die konjugierten Verben in Hauptsätzen. Sinnvoll ist diese Aufgabe vor allem dann, wenn man thematisiert, dass vor dem Verb nur ein Satzglied stehen kann. In der Übung wird erfahrbar, wie unterschiedlich gross so ein Satzglied werden kann.
Etwas anders angelegt ist diese Übung zum Schweizer Mathematiker Leonhard Euler. In jeden Satz habe ich ein Wort zu viel eingeschmuggelt. Zum Teil habe ich ein Wort verdoppelt, dass im Satz ohnehin schon vorkommt, so dass die Lernenden also für die korrekte Position entscheiden müssen. In anderen Fällen habe ich ein zusätzliches Wort eingeschmuggelt, das semantisch passt. Um die falschen Wörter zu streichen, setzen die Lernenden einerseits ihr Verständnis des Textes, andererseits aber auch ihr Wissen über Grammatik ein.
Toll finde ich, dass man den Übungstyp auch mit anderen Medien, also mit einem anderen Text, einem Bild, einem Video oder einem Audio kombinieren kann. Ich habe damit eine Übung zum Wortakzent und eine HV-Übung erstellt, bei der die Lernenden Unterschiede zwischen Lesetext und Hörtext markieren müssen.
- Bei der Wortakzentübung ist das Audio optional. Man kann die Akzente auch markieren, ohne das Audio zu hören. Es kann aber eine Hilfe darstellen. Allerdings spreche ich im Audio nicht einfach die Wörter vor, sondern lese einen Text vor, in dem alle abgefragten Wörter vorkommen. Bei dieser Übung sieht man übrigens auch eine technische Einschränkungung des Moduls. Die Wörter, die markiert werden sollen, werden beim Erstellen der Übung in – eingeschlossen (Bsp: -markiert-). Das funktioniert aber nur, wenn vor und nach dem – ein Leerzeichen (oder ein Punkt) steht. Das bedeutet, dass man nicht einfach so Wortbestandteile markieren lassen kann. Für die Wortakzentübung habe ich das Problem umgangen, indem ich die Silben einzeln geschrieben habe. Im vorliegenden Fall ist das sogar sinnvoll, da es so keine Probleme beim Definieren der Silbe gibt (Sprech- und Schreibsilben sind nicht ganz identisch, und für letztere habe ich mich hier dann schliesslich entschieden). Die Einschränkung bedeutet aber, dass man nicht ohne Eingriffe ins Schriftbild eine Übung zum Markieren bestimmter Prä- oder Suffixe machen kann. Aus dem selben Grund eigenet sich Learningapps auch nicht unbeding für Sprachen ohne Leerzeichen (z.B. Japanisch oder Chinesisch), obwohl es unicodefähig ist. Schade eigentlich.
- Bei der Hörverstehensübung ist das Audio hingegen integraler Bestandteil. Nur wer den Hörtext (mehrmals) hört, kann die Unterschiede finden. Zum Beispiel habe ich Wörter durch semantisch ähnliche ersetzt, einige Ausdrücke umformuliert oder den ersten Teil eines Kompositums unterschlagen. Diese Unterschiede zu hören ist relativ einfach. Schwieriger ist es z.B. den Unterschied zwischen einer Präteritums- und einer Präsensform zu hören. Die Übungsform führt dazu, dass die Lernenden den Text sehr genau lesen und mehrmals hören. Wer also nicht möchte, dass die Lernenden auf bestimmte Grammatikphänomene aufmerksam werden oder Fragen zu bestimmten Wörtern stellen, sollte diese Elemente besser aus so einer Übung fernhalten. Ich persönlich schätze diesen Effekt.
Vor- und Nachteile
Alle vorgestellten Übungsformen funktionieren auch im Klassenzimmer mit Bleistift und Papier und evtl. der Stimme der Lehrperson oder einem Abspielgerät. Als Vorteil computerbasierter Übungsformen wird in der Regel genannt, dass die Lernenden sie in einem frei wählbaren Zeitfenster (sofern die Infrastruktur das zu lässt) und in ihrem eigenen Tempo machen können (sofern sie sich ihre Zeit frei einteilen können und genug davon zur Verfügung steht). Auch das könnte man – mit Ausnahme der Audio gestützen Übungen – auch in Form von papierbasierten Hausaufgaben erreichen. Die computerbasierten Aufgaben sind einfacher wiederholbar, aber das fällt meines Erachtens nicht so sehr ins Gewicht. Wer macht den schon gerne X-mal die genau gleiche Übung?
Ein echter Vorteil von computerbasierten Übungen mit Audio ist, dass die Lernenden (sofern die Technik funktioniert), das Abspielen des Audios so steuern können, wie es für sie am besten ist (stoppen, wiederholen etc.).
Positiv ist meiner Ansicht nach auch, dass auch Lernende selber Aufgaben erstellen können. Auch das geht mit Bleistift und Papier, aber die Korrektur durch die Lehrperson und das Verteilen an die Klasse ist computerbasiert weniger aufwendig. Die Lernenden müssen aucht nicht extra einen Lösungsschlüssel erstellen und das Manipulieren von Text geht am Computer generell einfacher.
Auch immer wieder als Vorteil genannt wird das automatische Feedback. Das ist allerdings meiner Ansicht nach oftmals – und auch hier – eher ein Schwachpunkt. Erstens ist es nicht immer einfach, vorherzusehen, warum ein bestimmter Fehler gemacht wurde und Feedbacks dieser Art können beim Erstellen sehr zeitaufwändig werden und zweitens kann man oft – wie auch hier – nur ein globales Feedback eingeben, dass bei diesem Modul auch nur erscheint, wenn alles richtig gelöst wurde. Schön ist allerdings, dass man das globale Feeedback als Übungsautor selber anpassen kann. Für Reflexion und weitere Erklärungen ist in den Übungen selbst allerdings wenig Platz. Wenn man die Übung (zum Beispiel auf Moodle) einbettet, kann man auf der zugehörigen Html-Seite (oder einer separaten Lösungseite) natürlich noch mehr Erklärungen geben. Oder man führt eine ähnliche Übung sammt Reflexion erst im Unterricht (mit Bleistift und Papier durch), hält mit der Klasse die wichtigsten Erkenntnisse fest (z.B. wie finde ich den Infinitv von einem Verb im Präteritum, an welcher Position steht das Verb etc.) und gibt dann die automatisch korrigierenden Übungen gewissermassen zur Überprüfung des Gelernten zu Hause. Etwas problematisch für Scshwächere könnte allerdings sein, dass man bei diesem Modul keine Möglichkeit hat, sich Tipps oder – bei Nicht-Gelingen der Aufgabe – die korrekte Lösung einblenden zu lassen. Blind herumzusuchen, bis man wirklich alle Lösungen markiert hat, bringt auch nicht mehr, als sich die Lösung (natürlich erst nach einer gewissen Zeit) anzuschauen. Es ist aber viel frustrierender.
Fazit
Das „Markieren im Text“-Modul kann für einige interessante Übungsformen eingesetzt werden, die allerdings nicht alle zwingend interaktiv umgesetzt werden müssen. Falls man Online-Module erstellt, macht es häufig Sinn, sie im Unterricht vorzubereiten (ähnliche Übungsform vorstellen) oder Reflexiv einzubetten, sei es live im Unterricht oder durch erklärende Texte, die allerdings garantiert nicht immer gelesen werden :-).
Abgelegt unter: Aussprache,E-Learning / neue Medien,Für Lehrende,Für Lernende,Grammatik,Hören,Material für Unterricht,Unterrichtsidee
3 Kommentare
1. Agni | 30. Januar 2015 um 10:10
Liebe Cornelia,
Danke für den sehr interessanten Beitrag zu den learning apps. Es ist wirklich ein tolles Tool und ich bin gerade dabei mir zu überlegen, ob sich für mich der Aufwand lohnen würde und wenn ja, in welchen Zusammenhang ich ein solches Tool einsetzen könnte.
Ich habe gesehen, dass du schon einige Apps auf learningapps.org gemacht hast; sie sind didaktisch gut überlegt und die Ausführung ist sinnvoll und nachvollziehbar. Ich wollte dich in diesem Zusammenhang fragen: Wie viel wurden deine Apps von den Studis genutzt? Gab es einen speziellen Übungtypus, der erfolgreich und beliebt war?
Online versus Papier: Ich stimme mit dir überein, dass eine solche (für uns aufwendigere) online-Übung eine gelungene und sinnvolle Verbindung zum Präsensunterricht haben muss, um von den Lernenden überhaupt gemacht zu werden. Ich bin trotzdem etwas skeptisch, was das Verhältnis zwischen Aufwand und „Ertrag“ betrifft. Wie lange hast du in etwa für die Herstellung eines Apps gebraucht?
Interessant ist auch die Möglichkeit, dass die Lernenden selber Apps machen können. Hast du damit schon Erfahrungen gemacht? Haben die Studierenden von sich aus (also fakultativ) solche Apps gemacht?
Ich hoffe, ich stelle nicht allzu viele Fragen aufs Mal und danke dir im Voraus für deine Antwort.
Herzlich,
Agni
2. Cornelia | 8. Februar 2015 um 17:12
Liebe Agni
Zu einem Teil deiner Fragen:
Die meisten Apps habe ich gemacht, um zu illustrieren, wie man die Tools sinnvoll einsetzen kann, habe sie aber so geplant, dass sie auch einen praktischen Nutzen für meine Kurse haben und gebe sie als Hausaufgaben an. Ich weiss, wie oft die Apps angesehen wurden (steht bei jeder App in der Übersicht), aber da ich die Apps veröffentliche, sind da alle möglichen Leute dabei (bei privaten Apps wären es nur die mit dem Link) und „ansehen“ muss auch nicht heissen, dass tatsächlich mit der App gearbeitet wurde. Apps, die ich hier erwähnt habe, wurden deutlich öfter angesehen als andere).
Meine beliebteste Übung ist die zum Wortakzent (http://learningapps.org/49728, bis jetzt mehr als 7500 Ansichten). Ich hoffe schon, dass da auch ein paar meiner Studenten dabei sind. Die Übersicht der von mir veröffentlichten Apps ist hier: http://learningapps.org/userapps.php?user=3294.
Am meisten Zeit braucht es, die Übung zu entwickeln (Texte zu schreiben, Übungsform überlegen etc.). Das Umsetzen auf Learning-Apps braucht dann nur wenig Zeit (ist allerdings etwas abhängig vom Übungstyp). Im Vergleich zu Papierübungen ist der Mehraufwand also klein, da die Formatierungsmöglichkeiten begrenzt sind, kann es evtl. sogar schneller gehen. Audio zu erstellen ist natürlich aufwendig, es spielt aber zeitlich keine Rolle, ob ich eine Datei zum Hochladen auf eine Lernplattform erstelle oder das das direkt auf learninapps tue. Die Frage ist also eher, ob ich eine bestimmte Aufgabe überhaupt erstelle oder nicht und nicht so sehr die Frage der Distribution.
3. Cornelia | 9. Februar 2015 um 09:04
Dass die Studenten von sich aus Apps erstellt haben, glaube ich ehrlich gesagt nicht. In Lehrerfortbildungen ja, aber das ist ja etwas anderes.
Ich habe bisher ein paar Mal im Unterricht oder in Leherweiterbildungen damit gearbeitet. Auch hier ist die Frage meiner Meinung nach eher, ob man es sinnvoll findet, dass Lernende für andere Lernende Übungen gestalten als die Frage nach dem wie. Für mich sind für diese Anwendung die Vorteile von Learning-Apps, dass den Lernenden die Recherchemöglichkeiten am Computer zur Verfügung stehen und dass die Aufgaben leicht korrigiert und verteilt werden können, ohne dass man ganze Blätterwälder verteilen muss. Die Technik hat bisher noch nie Schwierigkeiten bereitet, Learning-Apps sind wirklich einfach zu bedienen. Aber man braucht natürlich die Infrastruktur.
Ich habe schon Verständnisfragen zu Texten erstellen lassen (vor allem, damit die Lernenden die eigenen Texte genau lesen mussten) und Anfänger habe ich einfache Wortschatz- und Grammatikübungen machen lassen (das war noch mit Hot-Potatoes und ewig her). Der Zeitaufwand in der Klasse ist aber relativ gross. In letzter Zeit habe ich mit Klassen eigentlich nur die Pinnwand benutzt (für eine Bedeutungsrecherche).
Vielleicht wäre eine Learning-Aps-Übung zu erstellen ein guter Bestandteil eines Portfolios, da du diese Übungen ja sowieso korrigieren musst und so so zumindest potentiell für die anderen von Nutzen wären. Man könnte dann auch freistellen, mit welchem Tool sie die Übung erstellen wollen. Das habe ich aber noch nie gemacht und es wäre zu überlegen, was eine konkrete Aufgabenstellung wäre, die auch sinnvoll bewertbar ist.
Bei Sprachen mit nicht-lateinischem Alphabet müsste man allerdings sicherstellen, dass die Lernenden die Möglichkeit haben, so eine Übung tatsächlich zu erstellen. http://greek.typeit.org/ könnte aber schon reichen.
So, ich hoffe, das ich alle deine Punkte angesprochen habe.
Bis bald, Cornelia