Zeitung lesen mit Anfängern

18. März 2006

Viele Deutschlernende, vor allem solche in einem deutschsprachigen Land möchten gern die Zeitung lesen können und sind hochmotiviert dazu. Zeitungsartikel sind aktuell, viele der Themen interessieren die Lernenden persönlich und sie sind einfach zu bekommen. Der Haken ist, dass sich Zeitungen in Wortschatz und Grammatik an keine Progression halten, was Zeitungen für Lernende auf dem Niveau A ungeeignet erscheinen lässt.
Ein Lehrer, der trotzdem mit Zeitungstexten arbeiten möchte hat drei Möglichkeiten:

  1. Er kann auf didaktisiertes Material zurückgreifen, was aber die Auswahl stark einschränkt. Zudem büssen die Artikel an Aktualität ein und sind deswegen oft weniger interessant
  2. Er kann geeignete Artikel aussuchen und didaktisieren. Das ist aber mit sehr hohem Zeitaufwand verbunden
  3. Er wählt die Aufgabenstellung so, dass die Schüler mit der Zeitung etwas anfangen können, ohne alles verstehen zu müssen

Im Folgenden konzentriere ich mich auf den dritten Punkt. Damit die Schüler die Zeitung nutzen können, ohne alles zu verstehen, müssen sie globale oder selektive Lesestrategien anwenden. Solche Strategien kann man durch geeignete Aufgabenstellungen trainieren und fördern. Ich gebe dafür zwei Beispiele:

1. Personensuchspiel

Material: eine Zeitung pro Gruppe, Packpapier und Stifte, evtl. Verbtabellen und Wörterbücher.
Die Schüler erhalten den Auftrag, in zweier Gruppen berühmte Personen in der Zeitung zu suchen. Zu jeder Person geben sie eine kategorisierende Bezeichnung (z.B. Sportler, Politiker, Wissenschaftler, Sänger etc.) und den Grund an, warum die Person in der Zeitung steht.

Also zum Beispiel:
Martina Hingis
Sportlerin
Sie hat die Viertelfinals gewonnen.

Fortgeschrittenere können die Begründungen natülich auch mit weil oder im Präteritum formulieren.

Alle Gruppen beginnen gleichzeitig, in der Zeitung Personen zu suchen und die verlangten Sätze aufzuschreiben. Nach ca. 15-20 Minuten müssen alle aufhören. Die Blätter werden alle aufgehängt, und die Punkte gezählt. Das Team mit den meisten akzeptierten Sätzen hat gewonnen.

Wissenswertes und Anmerkungen

  • Der Wettbewerbscharakter der Aufgabe sorgt dafür, dass die Lernenden die Hilfsmaterialien nur sparsam benützen, denn nachschlagen kostet Zeit.
  • Ich habe das Spiel schon mit Lernenden auf Stufe A1 mit Erfolg gespielt. Sie hatten bis dahin ca. 30 Stunden Deutsch. Das Präsens, den Akkusativ, das Perfekt und die Modalverben kannten sie schon. Für die Aufgabe hat das gereicht.
  • Es empfiehlt sich, Beispiele für die Personenkategorien vor dem Suchspiel zu sammeln.
  • Umgang mit Fehlern: Bei dieser Aufgabe geht es vor allem darum, dass die Lernenden relevante Informationen finden und festhalten. Die Korrektheit ist dabei zweitrangig. Ich habe alle verständlichen Sätze gezählt. Falsche Begründungen hingegen zählen nicht. Welche Begründung gilt und welche nicht, kann man zusammen mit der Klasse aushandeln. Im Notfall entscheidet aber der Lehrer.
    In einem zweiten Schritt habe ich dann zusammen mit der Klasse die Perfektformen und mit dem Perfekt im Zusammenhang stehende Syntaxfehler korrigiert.

2. Artikel vergleichen
Material eine deutschsprachige und eine muttersprachige Zeitung pro Gruppe.
Die Lernenden haben den Auftrag in der deutschen Zeitung Artikel zu Themen zu suchen, die ich in der muttersprachigen Zeitung vorkommen. Auch dieser Auftrag lässt sich als Wettbewerb organisieren. Gewinner ist dann die Gruppe, die am meisten Übereinstimmungen gefunden hat.

Nach dem Spiel kann man mit den Schülern darüber sprechen, welche Strategien sie angewendet haben (Bilder, Überschriften, gleiche Namen von Personen und Orten).

Wenn man will kann man die Suche von vornherein auf den Internationalen Teil beschränken, weil dort in der Regel die meisten Übereinstimmungen vorkommen. Ich mache das aber nicht, weil ich finde, dass die Orientierung in einer deutschsprachigen Zeitung und die Überlegung was wo stehen könnte auch eine wichtige Strategie ist.

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1 Kommentar

  • 1. Doris Middleman  |  26. März 2006 um 13:42

    Es gibt vom Spotlight-Verlag eine neue Zeitschrift „Deutsch perfekt“ (der Name ist saudoof), die ich sehr gut finde. Sie erscheint monatlich und deckt ab A2 so ziemlich alles ab. Mal probieren.

    Love Doris


Linktipp

SPRACHLICH: Dies, DaF, ecetera. Für Lernende (Aussprache, Grammatik, Hörverstehen und mehr) und Lehrende.
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