König Ödipus – Sophokles
Griechischer Titel:
Oidipus tyrannos
Entstehungszeit:
1. Hälfte der zwanziger Jahre des 4. Jahrhunderts vor Christus,
vermutl. zwischen 429 und 425. (429 Pest in Athen, Kriege gegen
die Spartaner). Sophokles war zu der
Zeit gegen 70 Jahre alt.
Autor:
Athener, * 497, gest. 406. Mit Perikles befreundet. Hat mindestens 123
Dramen verfasst, und mindestens 18 mal bei den Dyonisien gesiegt (das
ist viel!). Es sind Titel von 132 Stücken bekannt, aber nur 7
Dramen und ein Satyrspiel sind überliefert.
Ödipus erhielt bei den Dyonisienspielen nur den 2. Preis.
Sophokles hat noch ein zweites Ödipusdrama geschrieben:
Ödipus auf Kolonos (beschreibt den Lebensabend von Ödipus)
Hintergrundinfos
zur Geschichte:
Ödipus stammt der Sage nach aus dem Geschlecht von Kadmos
(Gründer von Theben) Vater und Mutter von Ödipus sind Laios
und Iokaste. Laios liess ihn aufgrund eines Orakelspruchs aussetzen.
Ödipus wird von König Polybos adopiert und verlässt
Korinth als Erwachsener wegen eines zweiten Orakelspruchs. Er
erschlägt unwissentlich seinen leiblichen Vater, besiegt die
Sphynx und heiratet seine Mutter. Ödipus hat mit Okaste die Kinder
Eteokles, Plyneikes,
Antigone und Ismene gezeugt.
Sein Name rührt von den geschwollenen Füssen her, die auf
die Durchbohrung der Knöchel bei der Aussetzung
zurückgeführt werden.
Aufbau:
6 Epeisodien (inkl. Anfang und Schluss), getrennt durch Chorlieder
1. (Prologos) König Ödipus, von allen geachtet und
als Herrscher anerkannt, will Stadt von einer Seuche befreien. Das
Orakel
in Delphi nennt Rache an den Mördern von Laios als Bedingung
für
die Rettung. (Der Bote ist Ödipus Schwager Kreon)
Parados (Einmarsch des Chors): Chor drückt Angst und Sorge der
Stadt aus.
2. Teiresias (blind) nennt Ödipus nach langem
überreden die Wahrheit, dieser erkennt sie noch nicht, er
argwöhnt das Kreon
ihn stürzen will.
Zitate von Teiresias: „Der Mörder den du suchst, das bist du
selbst.“
„Wehe Klarsehen: wie furchtbar wo es nicht nützt dem Klarsehenden“
)
Wortspiele mit Augen, blind, sehen etc.
1.Stasimon: Chor drückt Verwirrung über Teiresias
Worte aus, gerade weil Ödipus ein Held ist, und die Stadt vor der
Sphynx
gerettet hat.
3. Ödipus verdächtigt Kreon offen. Iokaste kommt als
Schlichterin, erzählt den Spruch des Orakels (Sohn wird Vater
töten) und von der Aussetzung des drei Tage alten Sohnes.
Erwähnt, dass Laios bei einer Weggabelund erschlagen wurde und
weitere Details (Begleitung etc). Ödipus ahnt, dass er Laios
erschlagen
hat, schöpft aber Hoffnung, weil es mehrere Täter gewesen
seien.
Er erzählt, dass er das Orakel in Delphi aufgesucht habe, weil
ihn ein Betrunkener als ein dem Polybos und der Merope untergeschobenes
Kind bezeichnet hatte. Das Orakel weissagte ihm nur, dass er mit seiner
Mutter schlafen
und seinen Vater töten würde. Daraufhin ging er aus Korinth
weg.
Ödipus hofft auf den Bericht des überlebenden Boten (der von
Räubern erzählt hatte).
Iokaste beruhigt ihn, dass der erste Orkelspruch auch nicht
eingetroffen sei und solche Weissagungen ergo nicht verlässlich
seien.
2. Stasimon
4. Bote meldet Tod von Polybos. Iokaste ist erfreut, weil
Ödipus so seinen Vater nicht mehr töten kann. Der Bote
erzählt, das Polybos nicht sein leiblicher Vater ist und dass er
ihm Ödipus, den er von einem anderen Hirten erhalten hatte, selbst
übergeben hat.
Iokaste ahnt den Zusammenhang. Sie will Ödipus davon abhalten, den
Hirten Laios’ zu suchen, als das nicht gelingt,
stürtzt sie schliesslich davon.
3. Stasimon: Chor fragt sich, was Ödipus wahre Herkunft
ist.
5. Hirte will keine Auskunft geben, enthüllt schliesslich
auf Drängen von Ödipus dessen Herkunft.
4.Stasimon: Beklagt Ödipus Schicksal, den hohen Aufstieg
und den tiefen Fall.
6. (Exodus)
Bericht von Iokastes Selbstmord und Ödipus Blendung mit ihren
Gewandspangen.
Ödipus will fort, Kreon will erst den Spruch des Orakels abwarten.
Chor schliesst mit der Bemerkung, dass man das Leben eines Menschen
nicht preisen soll, bevor es beendet ist.
Neuerungen
in Sophokles Dramen:
Dialog mit drei statt zwei Schauspielern, 15 statt 12 Greise im
Chor, geschlossene, auf sich gestellete Einzelstücke statt
Trilogien
Dramaturgische
Mittel:
Analytisches Theater. (Die vorausgehenden Handlungen werden nach und
nach entdeckt. Erlaubt Zeitraffungen. Die Zeit des Stücks und der
Realität sind identisch. Einheit von Ort, Handlung und Zeit
gewahrt.
Verarbeitung
des Stoffes:
Der Stoff wurde auch von Aischylos und Euripides behandelt, deren
Dramen gingen
verloren. Aristoteles zitiert Sophokles Ödipus als Beispiel.
Es existieren ein Ödipusstück von Cesar, Bearbeitung von
Senecca sowie zahlreiche
Übersetzungen in der Humanistenzeit.
In der Neuzeit wird der Stoff von Corneille und Voltaire und Kleist
(der zerbrochene Krug, Untersuchungsrichter muss seine Schuld
eingestehen) verarbeitet.
Quellen:
Der Ödipus-Stoff wird in der grösstenteils verlorenen
Oidipeia (thebanische Sage) behandelt (8. Jh. v. Chr.)
Die älteste bekannte Quelle ist das 11. Buch der Odysee, ca. 7.Jh.
v. Chr.
Selbstblendung und Selbstverstossung des Ödipus fehlen. In der
Illias
wird eine Leichenfeier für Ödipus erwähnt.
Bereits 467 hatte Aischylos die thebanische Trilogie verfasst, die die
Schicksale von Laios/Odipus/Polyneikes und Eteokles schildert (Zeigt
Geschlechterfluch auf).
Gedanken:
- Das Stück spielt Sein und Schein gegeneinander aus. Merhmals
kommt es zu Enthüllungen, die die Wahrheit wieder verschleiern.
(z. B. erkennt Ödipus, dass er evtl. Laios erschlagen hat, weil
Iokaste
aber erzählt, dass dieser von Räubern getötet worden
sei,
schöpft er wieder Hoffnung, nicht der Täter zu sein)
- Ödipus Sicherheit nimmt mit abnehmendem Stand seiner
Gesprächspartner ab.
- Ödipus Selbstblendung entspricht attischem Strafrecht. Die
Strafe wurde auf Sexualtäter angewendet und konnte mit Verbannung
verbunden sein.
- Obwohl Ödipus keine objektive Schuld trifft, fühlt er
sich schuldig und handelt demgemäss.
- Ödipus will das Rätsel um den Tod Laios’ um jeden Preis
ergründen. Mehrfach versuchen verschiedene Menschen (Teiresias,
Iokaste, der Hirte) ihn davon abzuhalten, aber Ödipus besteht
darauf, alles
zu erfahren. „Doch gehört sein muss es“
- Ödipus verspottet die Blindheit des Sehers und wird selber
bald blind sein, wird aber dafür sein Verbrechen eingesehen haben.
Im Stück kommen viele Synonyme für sehen/nicht sehen vor.
Ebenfalls von Sophokles:
Antigone.