Wissen über Wortbildung als Lernhilfe

2. August 2015

Wissen über Wortbildung kann helfen, sich besser an die einzelnen Bestandteile eines Wortes und damit an das ganze Wort und seine Bedeutung zu erinnern. Nation, I.S.P (2013): Learning Vocabulary in Another Language,   S. 408-411, schlägt zwei (ziemlich einleichtende) Schritte vor:

  1. Das Wort in seine Teile zerlegen, z.B. un-sicht-bar, Er-klär-ung
  2. Das Wort soweit wie möglich durch seine Bestandteile erklären. Zum Beispiel so:
  • unsichtbar: kann man (bar) etwas nicht (un) sehen (sicht)
  • Erklärung: Feminines Nomen (ung) zum Verb erklären: etwas Komplizertes durch Worte klar (klär) machen (er)

Für diese Strategie sind vor allem Präfixe (am Anfang des Wortes, z.B. ver-, an, un- …) und Suffixe (am Ende des Wortes, z.B. –isch, -heit etc.) wichtig.

Leider sind die Präfixe/Suffixe keine kleine Gruppe mit klaren Bedeutungen. Glücklicherweise wurde die Arbeit sie zu sammeln bzw. zu beschreiben (grösstenteils) schon gemacht. Listen mit der Bedeutung / Funktion der Präfixe/Suffixe mit englischen Erklärung findet ihr unter

Falls man Lernenden die oben genannten Wikitonary-Links gibt (was ich auf Nachfrage hin und wieder tue), ist meiner Ansicht nach wichtig zu betonen, dass es kaum Sinn macht, die ganze Liste auswenig zu lernen. Sinnvoller ist es, die Liste gezielt auf (vermutete) Präfixe/Suffixe durchzusehen, falls man Schwierigkeiten hat, sich ein bestimmtes Wort zu merken bzw. seine Bedeutung zu behalten.

Ob man jetzt Präfixe/Suffixe im Unterricht thematisiert oder ob man ihnen sogar die Listen zur Verfügung stellt; es ist in jedem Fall so, dass Wortbildungswissen  nur für einen Teil der Wörter eine geeignete Merkhilfe darstellt. Manche Suffixe haben eben keine klare oder sehr viele Bedeutungen. Aber sich mit einem Wort überhaupt zu beschäftigen, hilft auf jeden Fall beim Behalten des Wortes. Dabei ist es nicht wichtig, ob die Erklärungen, die die Lernenden für sich selber finden,  sprachwissenschaftlich korrekt sind, solange sie ihnen helfen, sich an das Wort und seine Bedeutung zu erinnern.

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5 Kommentare

  • 1. Eva Lacroix  |  3. August 2015 um 09:01

    Liebe Cornelia,
    danke für das Ansprechen dieses heiklen Themas. Zu trennbaren Vorsilben habe ich in den letzten Jahren Forschung betrieben; das ist ja ein Thema, das sich mit Präfixen überschneidet. Spannend, schwierig, chamäleonartig!

    Dir einen schönen August.
    Liebe Grüsse von Eva.

  • 2. Cornelia  |  3. August 2015 um 09:23

    Liebe Eva

    In der obigen Liste und in meinem Post wird Präfix als Oberbegriff verwendet, deine trennbaren Vorsilben (bzw. die Partikelverben) sind also mitgemeint 🙂 Nur schon das zeigt, dass es ein schönes Kuddelmuddel ist.
    Ich hatte am Anfang meiner Karriere noch das Gefühl, dass Affixe beim Verstehen bzw. Erschliessen helfen könnten, dann habe ich sie konsterniert so weit es ging ignoriert und jetzt gerade finde ich, dass sie ihren Platz beim Wortschatzlernen haben und sei es nur, weil sie einem dabei immer in die Quere kommen.
    Mein absolutes Lieblingsbeispiel ist übrigens an im Verb anhalten: Der Zug hält an, der Regen hält schon seit Tagen an … 🙂

  • 3. Sarah Reinhardt  |  2. Oktober 2015 um 19:58

    Vielleicht ist http://www.onlinekorrektor.de/ ein hilfreiches Tool, er unterscheidet zwischen grammatikalischen-, stilistischen- und Rechtschreibe-Fehlern.

  • 4. Tonia  |  16. November 2015 um 11:11

    Danke für den guten Lerntipp. Werde bei meinem Unterricht auch anwenden können.

  • 5. Cornelia  |  16. November 2015 um 11:19

    Gern geschehen!


Linktipp

SPRACHLICH: Dies, DaF, ecetera. Für Lernende (Aussprache, Grammatik, Hörverstehen und mehr) und Lehrende.
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