Silben

20. Dezember 2009

Wenn ich über Aussprache schreibe, dann erwähne ich häufig Silben. Sie sind ein wichtiges Grundkonzept der Phonetik. Man kann mit ihnen die Verteilung von kurzen und langen Vokalen erklären (allerdings nicht wirklich durchgängig), und sie werden entweder hervorgehoben oder (zum Teil ziemlich radikal) abgeschwächt.

Der Aufbau von Silben kann sich zwischen verschiedenen Sprachen ziemlich stark unterscheiden. Zum Beispiel hat Deutsch die Eigenschaft, in Kopf (Onset, Silbenanfang) und Coda (Silbenende) ganze Haufen von Konsonanten (so genannte Cluster) zuzulassen:

Beispiele

  • viele Konsonanten im Kopf: Strasse (3)
  • viele Konsonanten in der Coda: Herbst (4), du impfst (5)

Sprachen wie Italienisch und Chinesisch haben hingegen nur wenige geschlossene Silben (Silben mit einem oder mehreren Konsonanten in der Coda) und es sind nur bestimmte Konsonanten, die in der Coda stehen. Deshalb ergänzen viele italienische Deutschlernende zum Beispiel nach einem t noch einen Murmelvokal (schwaches e), so dass „er hat“ plötzlich wie „er hatte“ klingt. Andere Sprachen haben dafür im Silbenkopf keine (oder wenige) Konsonantencluster und ihre Sprecher tendieren dazu im Deutschen Sprossvokale zwischen Konsonanten zu schieben (z.B. Bulume statt Blume).

Das Bewusstmachen der unterschiedlichen Struktur kann oft helfen. Oft sind es aber auch hier im Grunde Hörprobleme. Die Lernenden nehmen gar nicht war, dass im deutschen Wort kein Murmelvokal auftritt. Klatschen (einmal zur korrekten und einmal zur abweichenden Realisierung) kann helfen, die unterschiedliche Anzahl Silben wahrzunehmen.

Die Lehrmittel, die ich kenne, kommen weitgehend ohne den Begriff der Silbe aus. Der Wortakzent wird meistens an die Vokale gebunden (zum Beispiel durch die Markierung mit Strich oder Punkt) und das funktioniert ja auch. Wenn man den Begriff verwenden will, reicht meistens die Faustregel, dass ein Wort so viele Silben wie Vokale (oder Diphthonge) hat und dass ein einzelner Laut in der Regel zum nächsten Vokal gehört.

Vor etwas mehr als vier Jahren habe ich Arbeitsblätter zur Silbe gemacht, die man auf meiner alten Seite herunterladen kann. Sie sind ehrlich gesagt etwas akademisch geraten (für Akademiker waren sie ja auch gedacht :-), aber vielleicht kann der eine oder andere ja doch etwas damit anfangen.

Die Reflektion zur Silbenstruktur der eigenen Sprache hatte bei diesen Leuten übrigens erstaunlich gut funktioniert.

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